Wie können Selbstständige in der Therapie- und Beratungsarbeit Haftungsrisiken minimieren? Wir zeigen die rechtlichen Grundlagen und geben praxisnahe Tipps.
Für selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten ist das Vertrauen ihrer Patientinnen und Patienten das Fundament ihrer Arbeit. Doch auch die beste therapeutische Betreuung kann juristische Risiken bergen. Ein Missverständnis, ein Behandlungsfehler oder ein unvorhersehbares Ereignis können schnell zu einer Haftungssituation führen. Damit du als Therapeutin oder Therapeut entspannt und rechtssicher arbeiten kannst, haben wir die wichtigsten Maßnahmen zusammengestellt, um Haftungsrisiken zu minimieren – inklusive der rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und Österreich.
Die rechtliche Basis: Was gilt in Deutschland und Österreich?
In Deutschland und Österreich gelten für therapeutische Berufe jeweils nationale Gesetze und Regelungen, die jedoch viele Gemeinsamkeiten aufweisen.
In Deutschland regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) wesentliche Punkte zur Haftung. Die Beziehung zwischen Therapeutin/Therapeut und Patientin/Patient basiert auf einem sogenannten Behandlungsvertrag (§ 630a BGB), der für beide Seiten bestimmte Pflichten festlegt. Therapeutinnen und Therapeuten schulden eine sorgfältige, den aktuellen Standards entsprechende Behandlung. Kommt es zu einem Fehler, der nachweislich einen Schaden verursacht hat, können Patientinnen und Patienten Schadensersatzansprüche geltend machen.
In Österreich greift vor allem das allgemeine Schadenersatzrecht nach dem ABGB – Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (§ 1295). Selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten haften für Schäden, die durch schuldhafte Pflichtverletzungen entstanden sind. Auch in Österreich gilt: Wer nicht sorgfältig arbeitet oder Standards missachtet, riskiert Klagen auf Schadenersatz.
Haftungsrisiken verstehen: Wo lauern Gefahren?
Die häufigsten Gründe, warum Therapeutinnen und Therapeuten in eine Haftungssituation geraten, sind:
- Dokumentationsfehler: Unvollständige oder fehlerhafte PatientInnen-Dokumentationen können im Streitfall gegen dich verwendet werden.
- Kommunikationsprobleme: Missverständnisse über die Behandlung, deren Erfolgsaussichten oder mögliche Risiken.
- Behandlungsfehler: Zum Beispiel bei Anwendung falscher Techniken oder einer unzureichenden Aufklärung.
- Datenschutzverstöße: Gerade im Umgang mit sensiblen PatientInnen-Daten lauern rechtliche Fallstricke.
Maßnahmen zur Haftungsvermeidung: So sicherst du dich ab
Gründliche Dokumentation
Eine lückenlose Dokumentation der Behandlung ist dein bester Schutz. Notiere alle wichtigen Details: Beschwerden, Behandlungsmaßnahmen, Fortschritte, Nebenwirkungen und PatientInnen-Gespräche. Ein guter Weg, diese Anforderungen abzudecken, ist die Nutzung einer Praxissoftware, die DSGVO-konform ist und revisionssichere Dokumentationen ermöglicht.
Transparente Kommunikation
Kläre deine Patientinnen und Patienten immer ausführlich über die geplanten Maßnahmen, mögliche Risiken und Alternativen auf. Ihre Zustimmung und die Bestätigung, dass sie alle wichtigen Infos erhalten und zur Kenntnis genommen haben, solltest du dir immer schriftlich geben lassen, z. B. in Form eines Einwilligungsbogens. Nimm dir Zeit für Rückfragen – Missverständnisse können so frühzeitig ausgeräumt werden.
Haftpflichtversicherung
Die wichtigste Maßnahme: Schließe eine Berufshaftpflichtversicherung ab. Diese deckt Schäden ab, die während deiner Tätigkeit entstehen könnten, sei es durch Behandlungsfehler oder Missgeschicke in deiner Praxis.
In Österreich und Deutschland gibt es spezielle Tarife für Therapeutinnen und Therapeuten. Achte dabei auf ausreichend hohe Deckungssummen.

Seit dem 01. Januar 2025 sind Angehörige der MTD-Berufe, laut dem neuen Gesetz, zu einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet.
Fort- und Weiterbildung
Bleib auf dem neuesten Stand deiner Profession und Fachrichtung. Regelmäßige Schulungen und Weiterbildungen zu neuen Behandlungsmethoden und rechtlichen Vorgaben minimieren das Risiko, veraltete oder fehlerhafte Methoden anzuwenden.
Datenschutz und Schweigepflicht
Achte besonders auf den Umgang mit PatientInnen-Daten. Halten Sie die DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ein, die sowohl in Deutschland als auch in Österreich gilt. Verwenden Sie verschlüsselte Kommunikationskanäle und bewahren Sie Akten sicher auf.

Mehr zum Thema DSGVO und die Umsetzung der Datenschutzrichtlinien erfährst du im Talk mit Bernhard Keprt, CTO beim Praxissoftware-Anbieter appointmed.
Wenn es doch passiert: Haftungssituationen meistern
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann es zu einer Haftungssituation kommen. Wichtig ist dann ein kühler Kopf und systematisches Vorgehen:
- Dokumentation prüfen: Stelle sicher, dass deine Aufzeichnungen vollständig und korrekt sind. Diese sind dein wichtigstes Beweismittel.
- Versicherung informieren: Melde den Vorfall umgehend deiner Berufshaftpflichtversicherung und besprich die nächsten Schritte.
- Rechtsbeistand einschalten: Ziehe frühzeitig eine Anwältin/einen Anwalt hinzu, die/der auf Medizinrecht spezialisiert ist. So vermeidest du unbedachte Aussagen oder Versäumnisse. Auch die für dich zuständigen Berufsverbände bieten Rechtshilfe im Fall des Falles an.
- Gespräch suchen: Oft lassen sich Konflikte durch ein klärendes Gespräch mit Patientinnen und Patienten entschärfen, bevor es zu einem Gerichtsverfahren kommt. Suche aber, wie gesagt, erst nachdem du dich mit deiner Rechtsvertretung beraten hast, das Gespräch mit der Gegenpartei.
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