Gesundheits-Apps in der therapeutischen Ausbildung gewinnen zunehmend an Bedeutung. Wir zeigen dir, welche Vorgaben gelten, wie sie in der Praxis eingesetzt werden und welche Studiengänge auf Digital Health vorbereiten.
In der modernen therapeutischen Ausbildung und im Praxisalltag gewinnen digitale Gesundheits-Apps zunehmend an Bedeutung. Sie bieten sowohl Studierenden als auch praktizierenden Therapeutinnen und Therapeuten innovative Möglichkeiten, Therapieprozesse zu optimieren und Patientinnen und Patienten ergänzend zum klassischen Therapieprozess effizienter zu betreuen. Der Einsatz dieser Apps erfordert von angehenden Therapeutinnen und Therapeuten aber auch neue Skills.
Wir haben uns für dich die gesetzlichen Rahmenbedingungen rund um Gesundheits-Apps in Deutschland und Österreich angesehen und geben Einblicke in Leitlinien, an denen du dich für den Einsatz von Gesundheits-Apps orientieren kannst. Zudem zeigen wir dir ausgewählte konkrete Beispiele für Apps, die von Studierenden aus Therapiebereichen mitentwickelt wurden und was und wo du studieren kannst, wenn du selbst daran interessiert bist, solche digitalen Gesundheitsanwendungen zu kreieren.
Inhalt
- Digitale Gesundheitsanwendungen in Deutschland und Österreich: Gesetzliche Grundlagen im Überblick
- Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA): Für welche Patientinnen und Patienten sind sie wirklich geeignet?
- Digitale Gesundheitslösungen in Therapie und Ausbildung: Vorteile für Studium und Praxis
- Innovative Gesundheits-Apps: Wie Studierende die Therapie von morgen mitgestalten
- Digital Health studieren: Ausbildungsmöglichkeiten für Therapeutinnen und Therapeuten im digitalen Zeitalter
Digitale Gesundheitsanwendungen in Deutschland und Österreich: Gesetzliche Grundlagen im Überblick
In Deutschland wurde mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) der rechtliche Rahmen für digitale Gesundheitsanwendungen geschaffen. Dieses Gesetz ermöglicht es Patientinnen und Patienten, bestimmte Gesundheits-Apps auf Rezept zu erhalten, wobei die Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Die Voraussetzungen und das Verfahren für die Aufnahme einer DiGA in die Regelversorgung sind in der Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) detailliert beschrieben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist für die Prüfung und Zulassung von DiGA zuständig. Die gesetzlichen Bestimmungen sind im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), insbesondere in § 33a SGB V, verankert.
In Österreich wird an einer Integration der digitalen Gesundheitsanwendungen im Zuge der eHealth-Strategie gearbeitet. Sie definiert Ziele und Maßnahmen für den Zeitraum 2024 bis 2030, um die Digitalisierung im Gesundheits- und Pflegebereich voranzutreiben. Schwerpunkte sind unter anderem der digitale Zugang zum Gesundheitssystem, die Weiterentwicklung der Telematik-Infrastruktur und die Förderung digitaler Kompetenzen. Dabei wird ab diesem Jahr im Zuge von Pilotprojekten auch der Einsatz von DiGA im medizinischen und therapeutischen Alltag getestet. Einen Überblick über die gesetzlichen Rahmenbedingungen, Vorzeigemodelle anderer Länder und die Zukunft der DiGA in Österreich gibt auch die Wirtschaftskammer Wien in ihrem Paper zum Thema Digitalisierung des Gesundheitswesens ab Seite 14.

Mehr zum Thema eHealth in Österreich erfährst du in unserem Artikel zum Digital Austria Act und den Plänen zur Digitalisierung des Gesundheitssystems.
Sowohl in Deutschland als auch in Österreich unterliegen digitale Gesundheitsanwendungen strengen Datenschutzbestimmungen. In Deutschland müssen DiGA-Hersteller nach § 139e SGB V den Nachweis über die Erfüllung von Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen erbringen. In Österreich stellt das GTelG 2012 sicher, dass bei der Verarbeitung von Gesundheitsdaten hohe Datenschutzstandards eingehalten werden.
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA): Für welche Patientinnen und Patienten sind sie wirklich geeignet?
Ein weiterer wichtiger Punkt neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen ist natürlich auch, als Therapeutin oder Therapeut ein Gespür und möglichst viel Wissen zur Wirkweise digitaler Gesundheitsanwendungen zu bekommen. Bei welchen meiner Patientinnen und Patienten kann ich welche DiGA einsetzen? In welchem Verhältnis sollte die direkte, persönliche Betreuung zum Einsatz medizinischer Apps stehen? Neue Technologien erfordern neues Wissen und vor allem am Anfang kann eine Einschätzung der eben genannten und vieler weiterer Aspekte schwierig sein.
Einige Verbände und Berufsvertretungen haben zu diesem Zweck bereits Leitlinien herausgegeben bzw. bieten auch immer wieder Schulungen im Bereich digitale Gesundheit und eHealth an. Ein Beispiel dafür ist das Bundesgesundheitsblatt des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zum Thema Digitale Gesundheitsanwendungen oder auch die Praxis-Info der Bundes-Psychotherapeuten-Kammer.
Digitale Gesundheitslösungen in Therapie und Ausbildung: Vorteile für Studium und Praxis
Der Einsatz medizinischer Apps in der therapeutischen Ausbildung ermöglicht Studierenden, frühzeitig den Umgang mit digitalen Tools zu erlernen, die in der modernen Praxis sind und in Zukunft noch viel mehr als heute unverzichtbar sein werden. Sie fördern die interaktive und individuelle Betreuung von Patientinnen und Patienten, erleichtern die Dokumentation und verbessern die Kommunikation. Für selbstständig tätige Therapeutinnen und Therapeuten bieten diese Anwendungen die Möglichkeit, ihre Praxis effizienter zu gestalten, den Therapieerfolg zu steigern und sich vom Mitbewerb abzuheben.
Auch wenn sie immer nur als Ergänzung zur analogen, therapeutischen Praxis gesehen werden sollten: Insgesamt tragen Gesundheits-Apps dazu bei, die Qualität der Therapie zu erhöhen und den Zugang zu therapeutischen Leistungen zu erleichtern. Sowohl in der Ausbildung als auch in der beruflichen Praxis stellen sie wertvolle Werkzeuge dar, die den Anforderungen einer digitalisierten Gesundheitsversorgung gerecht werden.
Innovative Gesundheits-Apps: Wie Studierende die Therapie von morgen mitgestalten

Den Trend von morgen sieht man auch an den immer neuen Studienangeboten im Bereich digitale Gesundheit und an den spannenden digitalen Gesundheitsanwendungen, die von Studierenden – meist als Kooperation zwischen Gesundheits- und IT-Fachbereichen – hervorgebracht werden.
Wir haben einige dieser DiGA zusammengetragen und stellen sie dir genauer vor!
Therapy Lens
Diese App wurde vom Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft der Technischen Universität München entwickelt. Die für die Augmented-Reality-Brille „HoloLens” entwickelte App unterstützt Patientinnen und Patienten bei der Durchführung von Alltagshandlungen, indem sie grafische Hinweise im Sichtfeld der Nutzerinnen und Nutzer platziert. Sie kann aktuell als Prototyp heruntergeladen werden und zielt besonders auf die Unterstützung von Demenz- und Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten ab.
Forschungsprojekte von Hand bis Fuß
An der FH Campus Wien laufen aktuell mehrere Forschungsprojekte mit Beteiligung der Studiengänge Physiotherapie und Ergotherapie. Das Forschungsprojekt KneeSim hat beispielsweise das Ziel, Erkenntnisse aus muskuloskelettalen Simulationen in die praktische Biofeedback-Therapie zu integrieren. Dadurch sollen die Früherkennung, Prävention und Behandlung von Knieerkrankungen verbessert werden. Das Projekt SETT wiederum entwickelt ein smartes, digitales System zur Unterstützung der Rehabilitation nach Knie- oder Hüftgelenksersatz. Durch Echtzeit-Feedback, Trainingsanleitung und Datenaufzeichnung soll es Patientinnen und Patienten ermöglichen, eigenständig und nachhaltig zu trainieren, um die Therapieeffizienz und -qualität zu verbessern. Das primäre Projektziel von Grip’n’Play ist die Entwicklung von motivationsfördernden Serious Games zum Training von Stifthaltung und -führung und somit zur Unterstützung des Schreiberwerbes von Kindern im Volksschulalter.
Stress- und Schmerz-Mentor
Das Forscherteam wearHEALTH rund um Dr. Corinna Faust-Christmann von der TU Kaiserslautern hat die App „Stress-Mentor“ entwickelt, um Menschen spielerisch dabei zu unterstützen, Entspannungstechniken wie Meditation oder Dehnübungen in ihren Alltag zu integrieren. Die App enthält ein Tagebuch zur Stressanalyse und nutzt Gamification, indem Nutzer sich um ein virtuelles Fabelwesen kümmern, indem sie regelmäßig Übungen durchführen. Die Anwendung soll für drei Monate genutzt werden, um langfristig ein bewussteres Stressmanagement zu fördern. Eine erweiterte Version, „Schmerz-Mentor“, wird speziell für Schmerzpatienten entwickelt, um Schmerzverläufe zu dokumentieren und den Alltag besser zu bewältigen.

Du möchtest mehr über den Begriff „Gamification“ erfahren? Dann lies unseren Artikel zum Thema Gamification in der Neurorehabilitation!
Von Denken bis Handeln
Das Institut für Digitale Innovation der Hochschule Neu-Ulm entwickelt die Gesundheits-App MELLI, die älteren Menschen ein einfaches, aber vielseitiges Selbstmanagement ihrer Gesundheit ermöglicht und in ärztliche Behandlungsstrategien integriert werden kann. Erste Tests zeigten, dass auch technisch unerfahrene Seniorinnen und Senioren die App gut bedienen können. Neben der praktischen Anwendung dient MELLI als Forschungsplattform, um die Benutzerfreundlichkeit von Gesundheits-Apps zu untersuchen, inklusive optimaler Unterstützungsformate und zukünftiger Funktionen wie Sprachsteuerung oder Alzheimer-Früherkennung durch Stimmanalyse. In Zusammenarbeit mit der Macquarie University in Australien wird in einem weiteren Projekt erforscht, welche Faktoren ältere Menschen daran hindern, digitale Gesundheitstechnologien zu nutzen und welche Bedürfnisse sie dabei haben. Ziel ist die Entwicklung eines neuen, seniorengerechten Gesundheitsmodells, basierend auf länderübergreifenden Vergleichen und sozialpsychologischer Forschung. Die Ergebnisse fließen in eine gemeinsame wissenschaftliche Arbeit beider Universitäten ein, die die Akzeptanz von Technologie bei Senioren umfassend bewertet.
Digital Health studieren: Ausbildungsmöglichkeiten für Therapeutinnen und Therapeuten im digitalen Zeitalter
Du bist auf den Geschmack gekommen, hast spannende Ideen für die digitale Zukunft der Gesundheits- und Therapieberufe oder möchtest deren praktische Anwendung im Therapiealltag im Detail erlernen? Dann haben wir hier eine Liste an Studiengängen, die dich vielleicht interessieren könnten!
ÖSTERREICH
- Health Assisting Engineering | FH Campus Wien | Masterstudium
- Digital Healthcare | FH St. Pölten | Masterstudium
- Gesundheitsinformatik / eHealth | FH Joanneum | Bachelorstudium
- eHealth | FH Joanneum | Masterstudium
- Medical Engineering & eHealth | FH Technikum Wien | Masterstudium
- Medizinische Informatik | MedUni Wien | Masterstudium
DEUTSCHLAND
- Digital Health | IB Hochschule für Gesundheit und Soziales | Bachelorstudium
- Digital Health | Technische Hochschule Deggendorf | Masterstudium
- Digitale Medizin | Technische Hochschule Mittelhessen | Bachelorstudium
- Digitale Medizin | Technische Hochschule Mittelhessen | Masterstudium
- Digital Medical Engineering | Wilhelm Büchner Hochschule | Bachelorstudium
- Medizinische Informatik | Wilhelm Büchner Hochschule | Bachelorstudium
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