Eisbaden, Kryotherapie und Co. – erfahre, wie Kälte auf den Körper wirkt, das Immunsystem stärkt, Schmerzen lindert und den Stoffwechsel anregt.
Wenn wir im Winter frühmorgens aus dem Haus gehen und uns der kalte Wind entgegenbläst, fällt es vermutlich schwer zu glauben, dass Kälte ein echter Booster für unseren Körper sein kann. Doch wie so oft im Leben kommt es auf die Balance an. Kälte setzt gezielte Reize im menschlichen Körper, die im Wechselspiel mit der anschließenden Erwärmung zur Anregung des Stoffwechsels führen, das Immunsystem stärken und die Regeneration fördern. Wir haben uns angesehen, wie Kälte konkret auf den menschlichen Körper wirkt, welche unterschiedlichen Anwendungen es gibt und welche Risiken bestehen.
Inhalt
Eiskalt erwischt: Wie wirkt Kälte auf unseren Körper?
Beim Kontakt mit extremer Kälte verengen sich die Blutgefäße (Vasokonstriktion), um die Wärme im Körperinneren zu halten. Sobald die Kälteeinwirkung endet, weiten sich die Gefäße wieder (Vasodilatation), wodurch die Durchblutung angeregt wird. Diese Reaktion kann zahlreiche positive Effekte fördern:
Entzündungshemmung
Durch die Kälte werden Entzündungsprozesse im Körper reduziert, weshalb Eisbaden oft bei Sportverletzungen oder chronischen Entzündungen eingesetzt wird.
Schmerzlinderung
Kälte betäubt Nervenenden und kann so akute sowie chronische Schmerzen lindern.
Stärkung des Immunsystems
Regelmäßige Kältereize können die Produktion von Immunzellen stimulieren und die Widerstandskraft gegen Infekte erhöhen.
Stressabbau und mentale Stärke
Kältetherapie kann helfen, Stress abzubauen, da sie die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol reduziert und gleichzeitig Glückshormone wie Endorphine freisetzt.
Verbesserte Regeneration
Viele Sportlerinnen und Sportler nutzen Eisbäder zur schnelleren Erholung der Muskeln nach intensiven Trainingseinheiten.
Anregung des Stoffwechsels
Durch die Aktivierung von braunem Fettgewebe kann Kälte dazu beitragen, Kalorien zu verbrennen und den Fettstoffwechsel zu verbessern.
Kryotherapie, Kneipp-Kur und Co.: Kälteanwendungen im Überblick

Es gibt zahlreiche Methoden der Kälteanwendung, die sich in Intensität und Wirkung unterscheiden. Eine der bekanntesten ist das Eisbaden, bei dem der Körper für kurze Zeit in eiskaltes Wasser zwischen 0°C und 10°C eingetaucht wird. Diese Methode ist besonders beliebt bei Sportlern und gesundheitsbewussten Menschen, da sie die Durchblutung fördert, das Immunsystem stärkt und die Regeneration unterstützt. Wer es weniger extrem mag, kann stattdessen auf kalte Duschen bzw. auf Wechselduschen setzen. Hier wechselt man zwischen warmem und kaltem Wasser, wodurch der Kreislauf angeregt und die Abwehrkräfte trainiert werden.
Eine weitere effektive Form der Kälteanwendung ist die Kryotherapie, die entweder als Ganzkörper-Kältebehandlung in Kältekammern und Kryosaunen oder lokal angewendet wird. Bei der Ganzkörper-Kryotherapie wird der Körper für zwei bis drei Minuten Temperaturen von bis zu -180°C ausgesetzt, meist in speziellen Kältekammern. Diese Methode wird vor allem in der Sportmedizin, Schmerztherapie und Regeneration eingesetzt. Die lokale Kryotherapie hingegen konzentriert sich auf bestimmte Körperstellen, zum Beispiel durch Kältesprays oder spezielle Geräte, die gezielt Entzündungen oder Schmerzen lindern können.
Wer eine sanftere Herangehensweise bevorzugt, kann sich an die Kneipp-Kaltwasseranwendungen halten. Diese bestehen aus kalten Güssen, Armbädern oder dem berühmten Wassertreten, das insbesondere zur Kreislaufstärkung dient. Eine einfache Möglichkeit, Kälte gezielt einzusetzen, sind zudem Kältepacks und Eiskompressen, die oft bei Sportverletzungen oder Schwellungen zur Schmerzlinderung genutzt werden.
Auch im Bereich der Fettreduktion wird Kälte eingesetzt. Die Kryolipolyse – auch CoolSculpting genannt – ist eine nicht-invasive Methode zur Fettreduktion, die auf der gezielten Anwendung von Kälte basiert. Entwickelt wurde dieses Verfahren von Dr. Dieter Manstein und Dr. R. Rox Anderson vom Wellman Center for Photomedicine am Massachusetts General Hospital, einem angeschlossenen Lehrinstitut der Harvard Medical School. Sie fanden heraus, dass Fettzellen empfindlicher auf Kälte reagieren als andere Gewebetypen.
Bei der Behandlung werden die gewünschten Körperregionen – wie Bauch, Hüften, Oberschenkel oder Arme – mit speziellen Applikatoren auf etwa -5°C bis -10°C heruntergekühlt. Durch die gezielte Kälteeinwirkung kristallisieren die Fettzellen und sterben in einem natürlichen Prozess, der Apoptose, langsam ab. In den Wochen nach der Behandlung baut der Körper die zerstörten Fettzellen über das Lymphsystem ab, was zu einer allmählichen Reduktion des Fettgewebes führt. Dabei eignet sich die Methode am besten für Menschen mit normalem oder leicht erhöhtem Körpergewicht, die gezielt kleine Fettdepots reduzieren möchten.
Vorsicht geboten: Für wen Kältetherapien nicht geeignet sind
Bei Kälteanwendungen wird der Körper mitunter starken Reizen ausgesetzt. Deshalb ist es wichtig, vor Behandlungen seine Hausärztin oder seinen Hausarzt zu konsultieren. Bei folgenden Beschwerden und gesundheitlichen Problemen sollten Kältebehandlungen nicht angewandt werden, da sie zu einer Verschlimmerung oder zu viel Stress für das Herz-Kreislauf-System führen können:
- Arterielle Verschlusskrankheiten
- Herzrhythmusstörungen und andere Herzerkrankungen
- Bluthochdruck
- Offene Wunden
- Harnwegsinfektion sowie Blasenkrankheiten
- Nierenkrankheiten und Nierenbeckenentzündung
- Unterleibsinfekte
- Kryoglobulinämie
- Kälteurtikaria
- Durchblutungsstörungen wie etwa das Raynaud-Syndrom
- Sensibilitätsstörungen etwa in Folge von Diabetes
- Schwangerschaft
- Epilepsie
- Tiefe Venenthrombosen, die weniger als sechs Monate zurückliegen
Kryotherapie, aber auch die Anwendung von Eisbeuteln, Eissprays und Ähnlichem, vor allem über einen längeren Zeitraum, sollte immer von dafür ausgewähltem Fachpersonal vorgenommen werden. Bei falscher Anwendung kann es beispielsweise zu Erfrierungen kommen. Bei Eisbeutel und Co. ist darauf zu achten, dass kein direkter Hautkontakt besteht, also z. B. ein Stofftuch zwischen Eisbeutel und Haut gelegt wird.
Wer gerne Eisbaden ausprobieren möchte, sollte den Körper zum Einstieg mit Wechselduschen oder kurzen, kalten Duschen sanft darauf vorbereiten. Eisbaden sollte man nicht alleine, da die Gefahr von Unterkühlung und Kreislaufproblemen besteht. Für Einsteiger sind ein bis drei Minuten völlig ausreichend. Fortgeschrittene Eisbadende können die Zeit langsam steigernd auf fünf bis zehn Minuten erhöhen. Nach dem Eisbaden ist es wichtig, sich langsam und gezielt wieder zu erwärmen, z. B. durch warme Kleidung oder sanfte Bewegung.
Für alle, die mehr zu diesem Thema erfahren möchten, haben wir hier noch zwei Buchtipps, erschienen im riva Verlag:

Die Heilkraft der Kälte
Mit Kälte das Immunsystem stärken, Stress reduzieren und leistungsfähiger werden
Autorin: Dr. Josephine Worseck
Verlag: riva

Header © henrique setim | Unsplash