Wie Bewegung den Verlauf der Arthrose beeinflusst: Ansätze zur funktionellen Therapie sowie die Wichtigkeit von Muskelkraft und gelenkschonender Bewegung.
Arthrose zählt zu den häufigsten muskuloskelettalen Erkrankungen im Erwachsenenalter – mit steigender Relevanz für therapeutische Fachberufe. Die richtige Bewegungstherapie spielt eine zentrale Rolle, um Funktionsverluste zu minimieren, Schmerzen zu lindern und Prothesen langfristig zu vermeiden. Wir sehen uns Risikofaktoren für Arthrose, die Wichtigkeit stützender Muskelkraft, geeignete Sportarten und Therapieansätze aus der Physiotherapie an.
Inhalt
- Arthrose: Wenn Gelenke schmerzen und die Beweglichkeit abnimmt
- Typische Symptome: Anlaufschmerzen und zunehmende Einschränkungen
- Risikofaktoren: Alter, Fehlstellungen und Bewegungsmangel
- Knie im Fokus: Wie Gonarthrose entsteht
- Stillstand vermeiden: Warum Bewegung bei Arthrose so wichtig ist
- Starke Stütze: Warum eine starke Muskulatur das Knie schützt
- Selbsttest für die Knie-Muskulatur: Beuger und Strecker
- Gesund sportlich aktiv bleiben: Die zehn goldenen Regeln
- Geeignete Sportarten: Diese Bewegungsformen fördern die Gelenkgesundheit
- Sportarten mit Risiko: Bewegung, bei der Vorsicht geboten ist
- Physiotherapie bei Arthrose: Wirksame Maßnahmen zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung
Arthrose: Wenn Gelenke schmerzen und die Beweglichkeit abnimmt
Schmerzen bei Bewegung und eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit können erste Anzeichen für Arthrose sein – dem häufigsten Gelenkverschleiß im Erwachsenenalter. Obwohl Arthrose nicht heilbar ist, lässt sich der Abbau der schützenden Knorpelschicht über geeignete Therapien und gezielte Bewegung deutlich verlangsamen. Besonders häufig betroffen sind Knie und Hüfte, wobei statistisch etwa jede zweite Frau und jeder dritte Mann im Alter zwischen 70 und 79 Jahren Anzeichen von Arthrose zeigt. Doch auch Jüngere können bereits betroffen sein.
Typische Symptome: Anlaufschmerzen und zunehmende Einschränkungen
Im frühen Stadium äußert sich Arthrose oft durch sogenannte Anlaufschmerzen – also Schmerzen beim Aufstehen nach Ruhephasen. Mit Fortschreiten der Erkrankung können alltägliche Bewegungen wie Treppensteigen problematisch werden. In schweren Fällen treten sogar Schmerzen in Ruhe auf, etwa nachts. Grund dafür ist der Knorpelabbau: Fehlt dieser Puffer zwischen den Gelenkflächen, reiben die Knochen aufeinander – was zu Entzündungen und starken Schmerzen führen kann.
Die Ausprägung von Arthrose ist individuell: Manche Menschen zeigen im Röntgenbild fortgeschrittene Veränderungen, haben jedoch kaum Beschwerden. Andere empfinden starke Schmerzen trotz geringerer struktureller Schäden. Entscheidend ist nicht allein das Ausmaß des Knorpelabbaus, sondern auch die gesamte körperliche Verfassung und die Belastung des betroffenen Gelenks im Alltag.
Risikofaktoren: Alter, Fehlstellungen und Bewegungsmangel
Das Risiko, an Arthrose zu erkranken, steigt mit dem Alter. Weitere Auslöser sind anatomische Fehlstellungen, Übergewicht, frühere Verletzungen oder eine dauerhaft einseitige Belastung. Bewegungsmangel gehört ebenfalls zu den wichtigsten Risikofaktoren – denn er führt dazu, dass der Knorpel nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt wird und schneller verschleißt. Auch der Östrogenmangel während und nach der Menopause kann Arthrose begünstigen.
Knie im Fokus: Wie Gonarthrose entsteht
Kniearthrose, die auch Gonarthrose genannt wird, ist neben der Hüfte die häufigste Form der Arthrose. Neben dem bereits beschriebenen typischen Gelenkknorpel-Abbau können auch Bänder, Muskeln und die Gelenkkapsel in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Ursachen für eine Kniearthrose sind vielfältig: Häufige Auslöser sind anatomische Fehlstellungen wie X- oder O-Beine, frühere Verletzungen oder eine dauerhafte mechanische Überbelastung. Auch entzündliche Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis oder muskuläre Ungleichgewichte erhöhen das Risiko.
Stillstand vermeiden: Warum Bewegung bei Arthrose so wichtig ist

Trotz Schmerzen ist Schonung in den meisten Fällen kontraproduktiv. Regelmäßige Bewegung sorgt dafür, dass Gelenkflüssigkeit durch den Knorpel gepumpt wird – das ist wichtig, denn Knorpelgewebe wird nicht durchblutet und kann nur durch diese sogenannte Diffusion mit Nährstoffen versorgt werden. Wie bei einem Schwamm gibt der Knorpel bei Belastung Flüssigkeit ab und nimmt bei Entlastung wieder Flüssigkeit auf. Wer sich zu wenig bewegt, riskiert eine Unterversorgung des Knorpels, wodurch er spröde und anfällig für Risse wird.
Eine Langzeitstudie aus Chicago mit rund 1.200 Teilnehmern belegt: Regelmäßige Bewegung senkt das Risiko, an Arthrose zu erkranken. Menschen, die moderat aktiv waren – also regelmäßig, aber nicht übermäßig Sport trieben – waren weniger häufig betroffen als inaktive Personen. Interessant in diesem Zusammenhang: Auch Leistungssport führte nicht zu einem höheren Risiko, verminderte das Risiko aber auch nicht. Entscheidend ist also die Regelmäßigkeit und nicht so sehr die Intensität.
Starke Stütze: Warum eine starke Muskulatur das Knie schützt
Die umliegende Muskulatur spielt eine zentrale Rolle für die Stabilität und Gesundheit des Kniegelenks. Ein ausgewogenes Zusammenspiel von Beugern, Streckern sowie Innen- und Außenrotatoren sorgt für eine gleichmäßige Belastung. Ist dieses Gleichgewicht gestört – etwa durch zu schwache Beuger oder übermäßig starke Strecker –, kann dies zu einer unnatürlichen Belastung und damit zum Verschleiß des Knorpels führen. Besonders häufig ist der Quadrizeps auf der Oberschenkelvorderseite übertrainiert, während die Beugemuskulatur auf der Rückseite zu kurz kommt.
Krafttraining ist nicht nur präventiv sinnvoll, sondern auch im Falle einer bereits bestehenden Gonarthrose entscheidend. Eine starke und ausgeglichene Muskulatur kann helfen, eine Knieprothese zu vermeiden oder deren Einsatz zumindest hinauszuzögern. Das zeigt eine Studie der Radiological Society of North America aus dem Jahr 2023, bei der schwache Muskeln als klares Risiko für eine spätere Operation identifiziert wurden.
Selbsttest für die Knie-Muskulatur: Beuger und Strecker
Ob die Muskulatur rund ums Knie ausreichend kräftig ist, lässt sich mit zwei einfachen Übungen testen. Die Brücke in Rückenlage – also Füße aufstellen, Gesäß und Oberschenkel heben, bis eine Linie entsteht – zeigt, ob der Beuger gut gekräftigt ist. Kniebeugen mit etwa 90 Grad Beugung oder mehrmals von einem Stuhl aufstehen – ohne Hilfe der Arme zeigt, ob der Strecker stark ist.
Wer diese Übungen sicher und ohne Probleme ausführen kann, hat meist eine gute Grundkraft. Bei Unsicherheit oder Schwäche empfiehlt sich gezieltes Training.
Gesund sportlich aktiv bleiben: Die zehn goldenen Regeln

Für den (Wieder-)Einstieg in ein sportliches Leben, können sich Patientinnen und Patienten an den zehn goldenen Regeln des Aktionsplans IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung orientieren:
- Vor dem Start Rücksprache mit dem Arzt halten.
- Langsam einsteigen und das Training schrittweise steigern.
- Überlastungen vermeiden – sowohl in Dauer als auch Intensität.
- Ausreichend Pausen zur Regeneration einplanen.
- Bei Infekten oder Erkrankungen pausieren.
- Verletzungen vollständig auskurieren.
- Sportart an Wetter und Umgebung anpassen.
- Auf gesunde Ernährung und Flüssigkeit achten.
- Training individuell an Alter und Medikamente anpassen.
- Und ganz wichtig: Der Sport soll Freude machen!
Geeignete Sportarten: Diese Bewegungsformen fördern die Gelenkgesundheit
Grundsätzlich ist Sport bei Arthrose gut – wichtig ist jedoch das individuelle Maß und die Art der Bewegung. Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Wandern oder Nordic Walking gelten als besonders gelenkschonend und sind daher gut geeignet. Auch Körperübungen aus Yoga, Tai Chi und Qigong sorgen für Kräftigung und Dehnung, sind aber gleichzeitig sanft zu den Gelenken. Im Winter bietet sich besonders der Skilanglauf mit seinen langsamen, gleitenden Bewegungen an. Um die Verletzungsgefahr zu minimieren, empfiehlt es sich besonders, beim Langlauf die richtige Technik in einem Kurs zu erlernen. Entscheidend ist, dass während und nach dem Training keine Schmerzen auftreten. Wer eine Sportart bereits vor der Arthrose ausgeübt hat, hat zusätzlich den Vorteil vertrauter Bewegungsabläufe.
Sportarten mit Risiko: Bewegung, bei der Vorsicht geboten ist
Sportarten mit hoher Belastung der Gelenke, schnellen Richtungswechseln oder hohem Verletzungsrisiko – wie Tennis, Fußball, Squash, Kampfsport oder alpiner Skisport – können problematisch sein. Ein (Wieder-)Einstieg ist nur ratsam, wenn das Knie ausreichend stabilisiert, die Muskulatur gezielt aufgebaut und Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt gehalten wurde.
Physiotherapie bei Arthrose: Wirksame Maßnahmen zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung

Die Physiotherapie stellt eine zentrale Säule in der konservativen Behandlung von Arthrose dar und zielt darauf ab, Schmerzen zu lindern, Entzündungen zu hemmen und die Beweglichkeit betroffener Gelenke zu verbessern. Moderne physikalische Verfahren wie die kapazitive Diathermie zeigen dabei vielversprechende Ergebnisse. Diese Technik, die ursprünglich vor allem im Spitzensport Anwendung fand, etabliert sich zunehmend auch in der breiten physiotherapeutischen Praxis.
Ein individuell angepasstes Übungsprogramm ist essenziell, um Kraft, Beweglichkeit und Gelenkfunktion wiederherzustellen. Diese aktiven Maßnahmen tragen nicht nur zur Schmerzreduzierung bei, sondern unterstützen auch die Gewichtsregulation – ein bedeutender Faktor zur Entlastung der Gelenke. Wie bereits erwähnt, sind Sportarten wie Schwimmen, Radfahren oder gelenkschonendes Spazierengehen hierfür besonders geeignet.
Ergänzend kommen manuelle Therapien zum Einsatz, um muskuläre Verspannungen zu lösen und die Bewegungsfreiheit zu fördern. Entspannungstechniken wie Muskelrelaxation erhöhen zudem die individuelle Schmerzschwelle und tragen zur allgemeinen Beruhigung des Nervensystems bei.
Auch die Schulung ergonomischer Verhaltensweisen im Alltag und am Arbeitsplatz ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Sie hilft, ungünstige Bewegungsmuster zu vermeiden und eine aktive Lebensweise langfristig aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus beraten Physiotherapeutinnen und -therapeuten auch zum gezielten Einsatz von Wärmeanwendungen zu Hause sowie zur Selbstbeobachtung von Symptomen.
Bei akuten Reizzuständen – etwa nach Überbelastung oder kleineren Traumata – können elektrotherapeutische Anwendungen entzündungshemmend wirken und die Beschwerden rasch lindern. Damit lässt sich der oft wellenförmige Verlauf der Erkrankung deutlich abmildern, auch wenn der strukturelle Gelenkverschleiß fortbesteht.
Insgesamt verfolgt die physiotherapeutische Behandlung von Arthrose ein ganzheitliches Ziel: Neben Schmerzfreiheit stehen die Wiederherstellung funktioneller Bewegungsabläufe, die Steigerung der Lebensqualität und die Verzögerung des Krankheitsfortschritts im Fokus. Erst wenn konservative Maßnahmen ausgeschöpft sind, können operative Verfahren wie Gelenkspiegelungen oder Endoprothesen in Erwägung gezogen werden.
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