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Gartentherapie: Wirkung, Einsatzgebiete, Studien und Weiterbildung

Gartentherapie fördert nachweislich das physische und psychische Wohlbefinden. Wir zeigen dir Methoden, Einsatzgebiete und Möglichkeiten zur Weiterbildung.

Meditativ mit dem Rasenmäher seine Runden ziehen und dabei das Gedankenkarussell ausschalten. Die Tomaten von der kleinen Staude im Beet ernten und sich darüber freuen, dass man etwas Wertvolles und Schmackhaftes geschaffen hat. Die eigenen Ängste überwinden und den Lavendelstrauch radikal zurückschneiden. Ein Garten ist ein Ort der Ruhe, aber auch der Arbeit. Ein Ort, an dem wir Dinge wachsen und gedeihen, aber auch verwelken sehen können. In einem Garten wird uns der Wechsel der Jahreszeiten einprägsam vor Augen gehalten und wir können uns viel mehr als ein Teil davon begreifen. Wir können in Einklang mit der Natur kommen, uns eigene Ruheoasen schaffen, Ordnung in die Natur bringen oder durch die Wildnis tanzen. Wir können unsere eigenen Wege anlegen und müssen dabei dennoch immer Hand in Hand mit der Natur gehen.

Es wundert nicht, dass der Garten heute auch als therapeutischer Raum begriffen und genutzt wird. Bringt er uns doch sowohl körperlich als auch geistig in Balance, zur Ruhe und in Bewegung


Was Gartentherapie ist: Grundlagen im Überblick

Die Gartentherapie bezeichnet den gezielten Einsatz der Natur, insbesondere des Gartens, zur Förderung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens. Schon vor rund 250 Jahren erkannten Ärztinnen und Ärzte, dass gärtnerische Tätigkeiten psychisch erkrankten Menschen Halt und Struktur geben können. Nach einer Phase der Vernachlässigung in der Nachkriegszeit wird seit den 1980er-Jahren der Garten als therapeutischer Raum wiederentdeckt. Heute finden sich unterschiedlich gestaltete Therapiegärten – von barrierefreien Anlagen für Seniorinnen und Senioren bis zu spezialisierten Gärten für Menschen mit Demenz, die Erinnerungen wecken, Sinne stimulieren und Rückzug ermöglichen.

Im Zentrum steht dabei nicht nur die körperliche Betätigung, sondern auch das sinnliche Erleben: Erde fühlen, Pflanzen pflegen, Düfte wahrnehmen, Wasser plätschern hören. Diese unmittelbaren Naturerfahrungen aktivieren alle Sinne und ermöglichen eine Form der Achtsamkeit, die den Menschen aus dem Alltag herausholt.


Einsatzgebiete der Gartentherapie: Für wen sie geeignet ist

Ursprünglich wurde die Gartentherapie vor allem bei organischen Erkrankungen wie kognitiven und körperlichen Beeinträchtigungen, Demenz oder Alzheimer eingesetzt. Inzwischen spielen auch psychische und soziale Krankheitsbilder eine wichtige Rolle – dazu gehören Depressionen, Trauma-Erkrankungen oder soziale Ängste.

Die Methode kommt in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen, in der Psychosomatik und Psychiatrie, in der Geriatrie sowie in der Rehabilitation von Suchtkranken zum Einsatz. Gerade in Pflege- und Betreuungseinrichtungen kann sie zudem eine entlastende Wirkung für das meist überlastete Personal haben. Als kostengünstige, ganzheitliche und niederschwellige Maßnahme ergänzt sie herkömmliche Therapieformen und erzielt nachweislich positive Effekte.

Neue Erkenntnisse: Gartentherapie bei Angst und Depression

Eine aktuelle Studie der Universität York hat untersucht, welche Wirkung gärtnerische Aktivitäten auf Menschen mit psychischen Beschwerden wie Angststörungen und Depressionen haben. Zwischen 2022 und 2023 nahmen 223 Erwachsene aus der Region Humber und North Yorkshire an sogenannten „Green Social Prescribing“-Programmen teil. Sie litten an leichten bis moderaten psychischen Problemen, darunter soziale Phobien, Ängste und Depressionen.

Die Teilnehmenden wurden regelmäßig an Naturerlebnisse herangeführt: Spaziergänge, handwerkliche Projekte oder Achtsamkeitsübungen im Freien. Besonders deutlich zeigte sich der Nutzen jedoch bei Gartenarbeit. Menschen, die über Wochen hinweg Pflanzen pflegten oder Beete bestellten, berichteten von mehr Lebenszufriedenheit, Sinnhaftigkeit und einer spürbaren Abnahme von Ängsten und depressiven Symptomen.

Die Forschenden stellten fest, dass die Effekte der Gartentherapie vergleichbar mit denen einer kurzfristigen kognitiven Verhaltenstherapie sind – dem derzeitigen Goldstandard in der Behandlung von Angst und Depression. Als besonders wirksam erwies sich ein „therapeutisches Fenster“ von neun bis zwölf Wochen regelmäßigen Naturkontakts.

Professor Peter Coventry, Leiter der Forschungsgruppe, betonte, dass es entscheidend sei, sich aktiv und sinnvoll mit der Natur zu verbinden. Gerade das bewusste Kümmern um etwas Lebendiges unterscheide die Gartenarbeit von rein passiven Naturerfahrungen wie Spaziergängen.


Methodik der Gartentherapie: So funktioniert die Therapie in der Praxis

Die Gartentherapie basiert auf der Idee, dass Menschen durch die aktive Auseinandersetzung mit Pflanzen und Natur neue Erfahrungen machen, Ressourcen entdecken und persönliche Fortschritte erzielen können. Dabei geht es nicht nur um das Gärtnern an sich, sondern um die Schaffung bedeutsamer Situationen, die individuell auf die Patientinnen und Patienten abgestimmt sind.

Strukturierter Ablauf mit Beobachtung, Aktivität und Reflexion

Eine typische Sitzung in der Gartentherapie folgt einem klaren Ablauf: Zunächst wird beobachtet, was sich seit der letzten Einheit verändert hat – etwa das Wachstum einer Pflanze oder der Zustand eines Beetes. Anschließend beginnt die aktive Phase, in der die Teilnehmenden konkrete Aufgaben übernehmen, wie Pflanzen anbinden, zurückschneiden oder ernten. Zum Abschluss folgt eine Reflexion: Wie wirken die Pflanzen jetzt? Welche Aufgaben fielen leicht, welche schwer? Diese drei Phasen helfen, Fortschritte bewusst wahrzunehmen und Erlebtes in Bezug auf die eigene Entwicklung zu setzen.

Individuelle Therapieziele

Die Auswahl der Tätigkeiten richtet sich nach den Bedürfnissen der einzelnen Personen. Für manche stehen motorische Fähigkeiten im Vordergrund, etwa das gezielte Greifen oder das Koordinieren von Bewegungen. Für andere geht es um psychische Prozesse wie Überwindung von Hemmungen, Stärkung des Selbstvertrauens oder das Erleben von Selbstwirksamkeit. So entsteht durch den Garten ein Raum, in dem Menschen neue Kompetenzen erproben und festigen können.

Flexible Umsetzung

Obwohl ein speziell angelegter Therapiegarten viele Möglichkeiten eröffnet, ist er keine zwingende Voraussetzung. Entscheidend ist der Naturkontakt – und der kann auch ins Zimmer gebracht werden. Mobile Lösungen wie Pflanzengefäße, Naturmaterialien, Fotos oder imaginative Übungen bieten Zugang für Menschen, die bettlägerig sind oder das Haus nicht verlassen können. Auch Balkone, kleine Terrassen oder ganze Stationsbereiche können genutzt werden. Somit passt sich die Gartentherapie den jeweiligen Rahmenbedingungen und Fähigkeiten der Patientinnen und Patienten an.

Verbindung von Therapie und Pädagogik

Die Methodik der Gartentherapie orientiert sich an einem Grundprinzip: So wie ein guter Gärtner Bedingungen schafft, unter denen Pflanzen gedeihen können, werden hier Bedingungen für das persönliche Wachstum von Menschen gestaltet. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen therapeutischem und pädagogischem Ansatz. Neben der Förderung von Motorik oder Wahrnehmung werden auch soziale Kompetenzen gestärkt – etwa durch gemeinsames Arbeiten im Garten über eine ganze Saison hinweg.

Natur als Grundlage für Entwicklung

Ein zentrales Element ist die Anerkennung des „ökologischen Charakters“ des Menschen. Naturerfahrungen fördern nachweislich Gesundheit und Wohlbefinden, während ein dauerhafter Entzug von Natur belastend wirkt. Deshalb versteht sich die Gartentherapie als ressourcenorientierte Methode, die gezielt die heilsame Wirkung der Natur in das Leben der Patientinnen und Patienten integriert.

Arbeit mit dem Rhythmus des Lebens

Auch jahreszeitliche Veränderungen sind Teil der Methodik. Pflanzen wachsen, ruhen und erneuern sich – dieser Rhythmus spiegelt das Leben selbst wider. Gartentherapie macht diesen Kreislauf erfahrbar, unabhängig davon, ob im Sommer aktiv gesät und geerntet wird oder ob im Winter das Ruhen und Innehalten im Mittelpunkt steht. Diese zyklische Erfahrung eröffnet neue Perspektiven auf das eigene Leben und Erleben.


GartentherapeutIn werden: Weiterbildung im Überblick 

Für alle, die selbst gerne Gartentherapeutin oder Gartentherapeut werden möchten, gibt es Studien- und Lehrgänge sowie Fortbildungen und Buchtipps. Wir haben einige Möglichkeiten, dich in diese Richtung weiterzubilden, für dich zusammengestellt. 

Studien- und Lehrgänge

MSc-Lehrgang Green Care – pädagogische, beraterische und therapeutische Interventionen mit Tieren und Pflanzen

Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien
Sechs Semester | berufsbegleitend
9.000 Euro

Mehr zum Lehrgang Green Care


Akademische/r Expert/in Gartentherapie

Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien
AEP: Vier Semester | CP: Zwei Semester
AEP: 9.900 Euro | CP: 3.750 Euro

Mehr zum Zertifikatskurs Gartentherapie


Academic Expert Program Gartentherapie

Universität für Weiterbildung Krems
Vier Semester | berufsbegleitend
9.900 Euro

Mehr zum Academic Expert Program für Gartentherapie 


Kompakt-Weiterbildung Gartentherapie und Landschaftstherapie im Integrativen Verfahren 

Europäische Akademie für bio-psycho-soziale Gesundheit, Naturtherapien und Kreativitätsförderung | Hückeswagen
30 Tage in Form von Block-Terminen
2.700 Euro 

Mehr zur Kompakt-Weiterbildung Gartentherapie


Gartentherapie-Ausbildung 

Institut für Naturheilkunde | Erfurt 
Etwa ein Jahr in Form von Block-Terminen 
Ab 4.099 Euro 

Mehr zur Gartentherapie-Ausbildung


Basis-Weiterbildung Gartentherapie

Institut Gärten helfen Leben | Bildungsstätte Gartenbau | Grünberg
Vier Module zu jeweils einer Woche 
3.250 Euro für alle vier Module 

Alle kommenden Termine im Überblick


Praxisausbildung Gartentherapie 2026/2027

Garten und Therapie Büssenschütt | Thedinghausen-Wulmstorf
16 Monate in Form von Block-Terminen 
2.320 Euro 

Mehr zur kommenden Praxisausbildung Gartentherapie


Weiterbildung in Gartentherapie 

Akademie für Gartentherapie | Wangelinger Garten und Elisabethhof Werle 
Zehn Monate in Form von Block-Terminen
2.950 Euro | 298 Euro pro Wochenende 

Mehr zur Gartentherapie-Weiterbildung


Seminare, Tagungen und Selbststudium

Gartentherapie in der Altenpflege – Gemeinsam die Farben des Herbstes genießen 

Florale Interventionen im Gesundheits- und Sozialbereich 
27. September 2025 
09.00 bis 17.00 Uhr 
pro mente akademie | Schönbrunnerstraße 13 | 1050 Wien 
300 Euro 

Mehr zum Gartentherapie-Seminar in Wien


Fachtagung 4. Gartentherapie-Update 

18. und 19. Juni 2026 
Jeweils 09.00 bis 16.15 Uhr 
Büssenschütt’s Garten | Müggenort 15 | 27321 Thedinghausen-Wulmstorf 
255 Euro 

Mehr zur kommenden Fachtagung Gartentherapie


Grundkurs Gartentherapie im Alltag mit Demenz 

Flexible Termingestaltung
Tagesseminar von 08.00 bis 17.00 Uhr 
Gartentherapeutin Ulrike Kreuer | Engelgauer Weg 22 | 53947 Nettersheim
135 Euro pro Person 

Mehr zum Grundkurs zum Thema Gartentherapie bei Demenz


Lehrbuch Gartentherapie 

Renata Schneiter-Ulmann | Martina Föhn 
hogrefe Verlag | 2020 

Jetzt das Lehrbuch Gartentherapie bestellen


Praxishandbuch Gartentherapie 

Andreas Niepel | Gabriele Vef-Georg 
hogrefe Verlag | 2020 

Jetzt das Praxishandbuch Gartentherapie bestellen


Neue Reihe Ergotherapie – Gartentherapie

Andreas Niepel 
Schulz-Kirchner Verlag | 2016

Hier geht es zu den unterschiedlichen Kauf-Varianten des Buches


Podcast Gartenradio | Episode 221: Gartentherapie

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