Telematikinfrastruktur für Heilmittelerbringer: TI-Anbindung, Förderung und Kritik der Berufsverbände

Alles zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur für Heilmittelerbringer ab 2026: Förderungspauschalen 2025, wichtige Schritte und Kritik der Berufsverbände.

Die Digitalisierung macht auch vor dem Heilmittelbereich nicht halt: Ab dem 01. Januar 2026 sind Therapeutinnen und Therapeuten in den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Ernährungstherapie verpflichtet, ihre Praxen an die Telematikinfrastruktur (TI) anzubinden. Wir geben dir einen umfassenden Überblick über die aktuellen Förderpauschalen, die notwendigen Schritte zur TI-Anbindung sowie die Kritik der Berufsverbände – und zeigen, welche Chancen und Herausforderungen die digitale Vernetzung für Therapeutinnen und Therapeuten mit sich bringt.


TI-Anbindung ab 2026: Was Heilmittelerbringer jetzt wissen müssen

Was ist die Telematikinfrastruktur (TI)?

Die Telematikinfrastruktur, kurz TI, ist das sichere Datennetz des deutschen Gesundheitswesens. Über diese Plattform tauschen Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser, Apotheken, Krankenkassen und künftig auch Therapeutinnen und Therapeuten vertrauliche Informationen geschützt und effizient aus. Ziel ist es, die Versorgung der Patientinnen und Patienten durch bessere Kommunikation und weniger Bürokratie zu verbessern.

Ab dem 01. Januar 2026 wird der Anschluss an die TI für alle Heilmittelerbringer verpflichtend – also für Therapeutinnen und Therapeuten in den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Ernährungstherapie.

Welche Vorteile bietet die TI für TherapeutInnen?

Die Telematikinfrastruktur bringt im Praxisalltag viele Erleichterungen. Dokumente müssen nicht mehr per Fax oder Post verschickt werden, sondern können über KIM (Kommunikation im Medizinwesen) sicher per E-Mail ausgetauscht werden. PatientInnenakten sind künftig digital verfügbar: Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) haben Therapeutinnen und Therapeuten – wenn die Patientinnen und Patienten zustimmen – Zugriff auf Befunde, Diagnosen oder Bildmaterial.

Darüber hinaus ermöglicht die TI den Einsatz des TI-Messengers (TIM), mit dem sensible Nachrichten in Echtzeit versendet werden können. Ab 2027 wird die elektronische Heilmittelverordnung (eVO) verpflichtend, wodurch Papierrezepte ersetzt werden. Für Therapeutinnen und Therapeuten bedeutet das: weniger Verwaltungsaufwand, schnellere Prozesse und ein besserer Überblick über den Behandlungsverlauf.

Umstellung von RSA auf ECC

Ein wichtiger Grund für den Austausch bestehender TI-Komponenten vor dem Beginn 2026 ist die Umstellung auf ein neues Verschlüsselungsverfahren. Bisher wurde die TI über den RSA-Algorithmus gesichert. Ab dem 01. Januar 2026 ist nur noch die moderne Elliptic Curve Cryptography (ECC) erlaubt.

ECC bietet bei kürzeren Schlüssellängen ein höheres Sicherheitsniveau, ist schneller und benötigt weniger Speicher. Das macht die TI zukunftssicher und leistungsfähiger. Für Praxen bedeutet das jedoch: Viele bisherige Geräte und Karten müssen ersetzt werden, auch wenn deren aufgedruckte Gültigkeit noch nicht abgelaufen ist.

Welche TI-Komponenten müssen Praxen austauschen?

Damit der Praxisbetrieb ab 2026 reibungslos weiterläuft, ist es wichtig, die vorhandene Ausstattung zu überprüfen. Betroffen sind:

  • Konnektoren: Viele ältere Geräte sind nicht ECC-fähig und müssen ersetzt werden.
  • Heilberufsausweise (eHBA): Alle Karten älterer Generationen müssen erneuert werden.
  • Praxisausweise (SMC-B) und Kartenterminals (SMC-KT): Auch hier ist ein Austausch notwendig, unabhängig vom aufgedruckten Ablaufdatum.
  • Software: Praxisverwaltungssoftware und KIM-Client müssen auf den neuesten Stand gebracht werden.

Wer das Dienstleistungsmodell TI-as-a-Service nutzt, bekommt bis zu fünf neue Kartenterminals automatisch zugeschickt.

Was sollten Therapeutinnen und Therapeuten bis 2026 tun?

Um die TI rechtzeitig nutzen zu können, empfiehlt es sich, schon jetzt die notwendigen Schritte einzuleiten:

  1. Bestandsaufnahme machen: Prüfen, welche TI-Geräte vorhanden sind und ob diese ECC-fähig sind.
  2. Geräte und Karten rechtzeitig austauschen: Mit Kartenanbietern oder IT-Dienstleistern Kontakt aufnehmen, um Lieferengpässe kurz vor 2026 zu vermeiden.
  3. Software aktualisieren: Sicherstellen, dass Praxissoftware und KIM-Client ECC unterstützen.
  4. Kostenrückerstattung beantragen: Der Bund übernimmt den Großteil der Ausstattungs- und Betriebskosten. 

Zu den Förderpauschalen und den Schritten zur neuen TI verraten wir dir weiter unten mehr!


TI-Fahrplan und zentrale Begriffe: So gelingt Heilmittelerbringern der Überblick

Fahrplan für den Anschluss der Heilmittelerbringer an die TI

Die Anbindung der Heilmittelerbringer an die Telematikinfrastruktur erfolgt stufenweise. Hier nochmal ein zeitlicher Überblick:

  • Seit 2021: freiwilliger Anschluss für PhysiotherapeutInnen möglich
  • Bis Ende 2023: technische Voraussetzungen geschaffen
  • Ab 01. Januar 2026: verpflichtender Anschluss aller Heilmittelerbringer
  • Ab 2026: freiwillige Nutzung der elektronischen Verordnung (eVO)
  • Ab 1. Januar 2027: verpflichtende Nutzung der eVO

Wichtige Abkürzungen und Begriffe

  • eGBR: Elektronisches Gesundheitsberuferegister
  • eHBA: Elektronischer Heilberufsausweis
  • ePA: Elektronische Patientenakte – Digitale Gesundheitsanwendung
  • eMP: Elektronischer Medikationsplan – Digitale Gesundheitsanwendung
  • eVO: Elektronische Verordnung – Digitale Gesundheitsanwendung
  • gematik: Nationale Agentur für Digitale Medizin
  • KIM: Kommunikation im Medizinwesen – Digitale Gesundheitsanwendung als sichere Alternative zu Brief und Fax
  • NFDM: Notfalldatenmanagement – Digitale Gesundheitsanwendung
  • SMC-B: Institutionskarte | Praxiskarte
  • TI: Telematikinfrastruktur – Speziell geschütztes Datennetz, das alle Einrichtungen im deutschen Gesundheitswesen miteinander verbindet und ihnen einen sicheren Austausch von Informationen ermöglicht.
  • TIG: TI-Gateway – Software oder Hardware zur Anbindung an die TI
  • TIM: TI-Messenger – Digitale Gesundheitsanwendung als Kurznachrichtendienst
  • VDA: Vertrauensdiensteanbieter – Dienstleister, der im Bereich digitaler Kommunikation für Sicherheit sorgt – zum Beispiel durch das Ausstellen und Prüfen von elektronischen Signaturen, Siegeln oder Zeitstempeln.
  • VSDM: Versichertenstammdatenmanagement – Digitale Gesundheitsanwendung

TI-Förderungspauschalen 2025: Finanzielle Unterstützung für Heilmittelerbringer

Warum Heilmittelerbringer Förderpauschalen erhalten

Die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) ist, wie gesagt, ab dem 01. Januar 2026 für alle Heilmittelerbringer gesetzlich verpflichtend. Um die laufenden Kosten für Technik, Karten und Anwendungen abzufedern, erhalten Heilmittelerbringer monatliche TI-Förderpauschalen. Diese Pauschalen werden vom GKV-Spitzenverband festgelegt und regelmäßig angepasst.

Höhe der TI-Förderpauschalen 2025

2025 beträgt die monatliche Grundpauschale für Praxen, die Neukunden (ohne TI-Anschluss) sind oder ihren Erstanschluss vor dem 01.01.2021 hatten, 207,93 Euro inkl. MwSt. Hinzu kommt eine Zusatzpauschale von 7,77 Euro pro elektronischem Heilberufsausweis (eHBA), wobei aktuell nur ein eHBA pro Praxis erforderlich ist. Damit ergibt sich eine Gesamtpauschale von 215,70 Euro inkl. MwSt. 

Praxen, die zwischen dem 01.01.2021 und dem 30.06.2023 eine TI-Erstattung für Erstausstattung erhalten haben, bekommen die Pauschale für 30 Monate nur zur Hälfte. Daraus ergibt sich aktuell eine Gesamtpauschale von 107,85 Euro inkl. MwSt. Werden die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt – aktuell vor allem die Nutzung von KIM in der neuesten Version –, kann die monatliche Pauschale ebenfalls um 50 Prozent gekürzt werden.

Die Gesamtpauschale von 215,70 Euro inkl. MwSt. gilt auch ab dem 31. Monat bzw. spätestens ab dem 01. Januar 2026. 

Voraussetzungen für die TI-Förderung

Damit die Pauschalen ausgezahlt werden, müssen Praxen die notwendigen TI-Komponenten einsetzen. Dazu gehören:

  • ein Konnektor vor Ort oder ein zentraler Zugang über TI-as-a-Service (TIaaS) bzw. TI-Gateway
  • ein eHealth-Kartenterminal mit gSMC-KT
  • ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA)
  • eine SMC-B-Karte (Institutionsausweis)
  • die Nutzung der Anwendung KIM (Kommunikation im Medizinwesen)

Antragstellung und Auszahlung

Die TI-Pauschalen werden über das Online-Portal des GKV-Spitzenverbands beantragt. Bei der Antragstellung sind u. a. folgende Angaben erforderlich:

  • Konnektortyp
  • Telematik-ID der SMC-B
  • Installationsdatum

Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die Auszahlung erstmals zum 15. des dritten Monats des Quartals, das auf die Antragstellung folgt. Beispiel: Wird der Antrag im Mai gestellt, erfolgt die erste Auszahlung im September. Danach werden die Pauschalen quartalsweise fortlaufend gezahlt.

Der Antrag muss spätestens bis Ende des Quartals eingereicht werden, in dem die Praxis an die TI angeschlossen wurde.


Schritte zur TI-Anbindung: So gelingt Heilmittelerbringern der Einstieg

  1. Heilberufsausweis beantragen | Zuerst wird der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) beim Fachportal des elektronischen Gesundheitsberuferegisters (eGBR), das für dein Bundesland oder deine Kammer zuständig ist, beantragt. Dafür benötigt man den Personalausweis mit Online-Funktion, gegebenenfalls einen Nachweis über Namensänderungen, die AusweisApp sowie die Berufsurkunde. Nach der Antragstellung erhält man eine Vorgangsnummer für den eHBA.
  2. eHBA bestellen | Mit dieser Vorgangsnummer wird anschließend der physische eHBA bei einem Dienstleister wie d-trust beantragt.
  3. Institutionskarte beantragen | Im nächsten Schritt folgt die Beantragung der Institutions- bzw. Praxiskarte (SMC-B) wieder beim Fachportal des elektronischen Gesundheitsberuferegisters (eGBR), das für dein Bundesland oder deine Kammer zuständig ist. Dafür werden die Ausweisnummer des eHBA und eventuell ein aktueller Registerauszug benötigt. Auch hier erhält man wieder eine Vorgangsnummer.
  4. SMC-B Karte bestellen | Mithilfe dieser Vorgangsnummer wird die physische SMC-B Karte bei einem Vertrauensdiensteanbieter (VDA) wie beispielsweise d-trust bestellt.
  5. TI-Paket bestellen | Nun wird bei einem IT-Dienstleister oder direkt beim Hersteller Praxissoftware, die man bereits nutzt, das sogenannte TI-Paket geordert. Dieses enthält unter anderem ein von der gematik zugelassenes eHealth-Kartenterminal.
  6. Kartenterminal anschließen | Das Kartenterminal wird an den LAN-Anschluss der Praxis angeschlossen. Alle weiteren technischen Schritte, wie die Einrichtung und Anbindung an das Praxisverwaltungssystem, übernimmt in der Regel der IT-Dienstleister oder Praxissoftwareanbieter.
  7. Kostenerstattung beantragen | Zum Schluss wird über das Online-Portal des GKV-Spitzenverbands (GKV-Antragsportal) die Erstattung der TI-Kosten beantragt.

Kritik der Berufsverbände: Warum Heilmittelerbringer eine Verschiebung der TI-Pflicht fordern

Mehrere maßgebliche Berufsverbände – darunter der IFK e. V. – Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten, der dbl – Deutsche Bundesverband für Logopädie e. V., der DVE – Deutsche Verband Ergotherapie und der Bundesverband für Podologie e. V. sowie weitere Fachverbände – haben sich klar gegen den aktuellen Zeitplan zur verpflichtenden TI-Anbindung zum 01. Januar 2026 ausgesprochen. Sie fordern vom Bundesgesundheitsministerium, die Frist zu verschieben.

Der Hauptkritikpunkt: Zum Zeitpunkt der verpflichtenden Anbindung stehen zentrale Anwendungen wie die elektronische Heilmittelverordnung (eVO) voraussichtlich noch nicht zur Verfügung. Diese soll zwar ab 2027 verpflichtend eingeführt werden, unklar ist jedoch, ob sie technisch bis dahin tatsächlich bereit steht. Ohne die eVO sehen die Verbände für Heilmittelerbringer keinen echten Nutzen, sondern lediglich Kosten und zusätzlichen Aufwand, da die derzeit verfügbaren TI-Anwendungen wie KIM oder TIM kaum Vorteile im Praxisalltag bringen.

Hinzu kommen praktische Hürden beim TI-Anschluss:

  • Der elektronische Heilberufsausweis (eHBA), der zwingend für die TI-Anbindung benötigt wird, konnte in einigen Fachbereichen wie Ergotherapie, Logopädie oder Podologie lange Zeit gar nicht beantragt werden. Erst seit Mitte 2024 ist dies eingeschränkt möglich, flächendeckend sogar erst seit April 2025.
  • Die Beantragung selbst verläuft aktuell noch nicht reibungslos.
  • Zudem würden weiterhin verbindliche Finanzierungsvereinbarungen mit dem GKV-Spitzenverband fehlen, insbesondere zur Erstattung der Kosten für mobile Konnektoren.

Aus Sicht der Verbände besteht damit die Gefahr, dass die TI im Heilmittelbereich von Anfang an auf geringe Akzeptanz stößt. Sie betonen, dass viele Praxen durchaus offen für digitale Lösungen sind – jedoch nur dann, wenn diese tatsächlich einen spürbaren Mehrwert im Alltag bringen. Eine reine Nachbildung analoger Prozesse reicht aus ihrer Sicht nicht aus. Digitale Anwendungen müssten vielmehr praxisnah gedacht, neu strukturiert und an den realen Bedarf angepasst werden.

Die Verbände sehen die TI grundsätzlich als Chance: Mit funktionierenden Anwendungen wie der eVO könnten Arbeitsprozesse vereinfacht, Bürokratie abgebaut und die PatientInnenversorgung verbessert werden. Dafür sei es jedoch entscheidend, den Zeitpunkt der verpflichtenden Anbindung so zu wählen, dass die Technik stabil läuft und echte Vorteile für die Heilmittelerbringer erkennbar sind. Eine Verschiebung der Anschlussfrist könnte somit den Weg für eine erfolgreiche und akzeptierte Einführung ebnen, ohne den freiwilligen Anschluss für interessierte Praxen zu verhindern.

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