Bevor das Jahr endet, lohnt sich für selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten ein gründlicher Steuercheck – von Belegen über Investitionen bis hin zu Rücklagen und Fristen.
1. Belege und Ausgabenlage prüfen
Am Jahresende gilt: Sämtliche betrieblichen Ausgaben und Belege sollten vollständig erfasst sein (z. B. Fortbildungskosten, Arbeitsmittel, Miete fürs Behandlungszimmer usw.). Also nochmals alles sorgfältig durchgehen, dokumentieren, sortieren, digitalisieren und wenn etwas fehlt, rechtzeitig Rechnungen etc. anfordern, bevor die Menschen allerorts in den Weihnachtsurlaub verschwinden.
2. Zeitpunkt von Ausgaben und Einnahmen strategisch nutzen
Wenn noch vor Jahresende Investitionen oder Ausgaben getätigt werden können, dann wirkt sich das noch auf das laufende Steuerjahr aus. Eine Anschaffung mit EC- oder Kreditkarte kann noch im aktuell laufenden Jahr berücksichtigt werden, auch wenn die Abbuchung erst im Folgejahr erfolgt (bis 10. Januar). Wenn es sich also steuerlich lohnt, kann man größere Anschaffungen oder Ausgaben noch bewusst ins alte Jahr ziehen.
3. Abschreibungen und Sofortabschreibung prüfen
Gerade bei Anschaffungen (z. B. Praxis-Laptop, spezielle Therapie-Ausrüstung) ist zu prüfen, ob diese sofort als Betriebsausgabe gelten oder über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden müssen. Einmalige Anschaffungen unter 800 Euro in Deutschland und unter 1.000 Euro in Österreich gelten als geringwertige Wirtschaftsgüter und können direkt in voller Höhe als Betriebsausgabe abgesetzt werden. Falls es sich bei gewissen Gütern noch auszahlt, diese vor Jahresende zu kaufen, da sich z. B. der Preis voraussichtlich über die Grenze erhöhen wird, solltest du die Chance nutzen.
4. Kleinunternehmerregelung – Besonderheiten beachten
Für Kleinunternehmerinnen und -unternehmer gibt es spezielle Regelungen. Seit Januar 2025 gilt in Österreich die neue Umsatzgrenze von 55.000 Euro. Wurde die Umsatzgrenze nur geringfügig überschritten – höchstens um 10 Prozent –, können Rechnungen bis Jahresende ohne Umsatzsteuer ausgestellt werden. Ab dem folgenden Jahr greift dann die Umsatzsteuerpflicht.
In Deutschland wurde die Kleinunternehmerregelung ebenfalls angepasst. Seit dem 01. Januar 2025 gelten in Deutschland neue Umsatzgrenzen für die Kleinunternehmerregelung. Die Grenze für das Vorjahr steigt von 22.000 Euro auf 25.000 Euro, während die bisherige Umsatzgrenze von 50.000 Euro im laufenden Jahr auf 100.000 Euro angehoben wird. Neu ist zudem, dass Unternehmen, die innerhalb eines Jahres die Umsatzschwelle von 100.000 Euro überschreiten, sofort zur Regelbesteuerung wechseln müssen. Prüfe anhand deiner diesjährigen Umsätze, ob für das kommende Jahr eventuell ein Wechsel notwendig ist, z. B. wenn absehbar ist, dass du 60.500 Euro überschreiten wirst.
5. Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen nutzen (Deutschland)
Selbstständige Therapeut:innen können mit dem Investitionsabzugsbetrag (IAB) und der Sonderabschreibung nach § 7g EStG ihre Steuerlast gezielt senken. Der Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1 EStG) ermöglicht es, bis zu 50 Prozent der geplanten Investitionskosten bereits im Jahr vor der Anschaffung steuerlich abzusetzen. Die tatsächliche Investition muss innerhalb der folgenden drei Jahre erfolgen, und das angeschaffte Wirtschaftsgut muss mindestens zu 90 Prozent betrieblich genutzt werden, sonst ist der Abzugsbetrag rückwirkend zu korrigieren. Nach der Anschaffung kann zusätzlich eine Sonderabschreibung (§ 7g Abs. 5 EStG) genutzt werden, mit der bis zu 20 Prozent der Anschaffungskosten zeitlich vorgezogen abgeschrieben werden dürfen – entweder vollständig im Anschaffungsjahr oder verteilt auf bis zu fünf Jahre.
Diese Regelungen schaffen steuerliche Flexibilität und erleichtern die Finanzierung geplanter Praxisinvestitionen, etwa für Geräte, Einrichtung oder Umbauten.
6. Sonderzahlungen zur Altersvorsorge (Deutschland)
Zum Jahresende kann es sich für selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten lohnen, bestehende Altersvorsorgeverträge und Versicherungen zu prüfen und gegebenenfalls noch Beiträge oder Sonderzahlungen zu leisten, um steuerliche Vorteile zu nutzen. Wer freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, kann durch Sonderzahlungen mögliche Rentenabschläge bei einem früheren Renteneintritt ausgleichen. Wird später doch bis zum Regelalter gearbeitet, erhöhen diese Zahlungen die lebenslange Rente. Voraussetzung dafür ist, dass man mindestens 50 Jahre alt ist, in der gesetzlichen Rentenversicherung (pflicht- oder freiwillig) versichert ist und mindestens 35 Versicherungsjahre vorweisen kann.
Die Beiträge können als Sonderausgaben abgesetzt werden, allerdings nur bis zu einem gesetzlich festgelegten Höchstbetrag. Für 2025 beträgt dieser 29.344 Euro für Alleinstehende und 58.688 Euro für gemeinsam veranlagte Ehepaare. In der Regel wird dieser Betrag nur bei sehr hohen freiwilligen Einzahlungen erreicht, da die regulären Pflichtbeiträge deutlich darunterliegen. Sonderzahlungen bieten somit eine Möglichkeit, die eigene Altersvorsorge gezielt zu stärken und gleichzeitig Steuern zu sparen.
7. Rücklagen bilden und Steuerlast kalkulieren
Um am Jahresende finanzielle Engpässe zu vermeiden, sollten selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten gezielt Rücklagen für anfallende Steuern bilden. Dabei ist vor allem die Einkommensteuer zu berücksichtigen – einschließlich möglicher Nachzahlungen aus den Vorjahren sowie der laufenden Vorauszahlungen, die das Finanzamt festgesetzt hat (sofern nicht die Kleinunternehmerregelung gilt). Wer umsatzsteuerpflichtig ist, sollte zusätzlich Rücklagen für monatliche oder vierteljährliche Umsatzsteuervorauszahlungen und eventuelle Nachforderungen einplanen.
Für Therapeutinnen und Therapeuten mit einem angemeldeten Gewerbe gilt außerdem: Ab einem Jahresgewinn von über 24.500 Euro fällt Gewerbesteuer an, deren Höhe vom jeweiligen Hebesatz der Stadt oder Gemeinde abhängt. Eine realistische Kalkulation dieser Steuerlasten sorgt für finanzielle Sicherheit und verhindert unangenehme Überraschungen bei Nachzahlungen.
8. Fristen und zukünftige Planung im Blick behalten
Nach dem Steuerjahr ist vor dem Steuerjahr. Es macht Sinn, gleich am Ende des Jahres die Fristen für Steuererklärungen und Meldepflichten für das kommende Jahr zu prüfen und einzutragen. In Deutschland beispielsweise ist die Abgabefrist des Folgejahres ohne Steuerberatung der 31. Juli. In Österreich ist es der 30. Juni, wenn die Jahressteuererklärung über FinanzOnline eingebracht wird. Zudem sollte – wie schon an anderer Stelle erwähnt – überprüft werden, ob die Kleinunternehmergrenzen überschritten wurden oder sehr wahrscheinlich im kommenden Jahr überschritten werden. Also gleich einen Kalender für kommende Fristen erstellen, gegebenenfalls die Steuerberatung kontaktieren und eine strukturierte Buchführung für das kommende Jahr einrichten.
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