Karl Bauer hat seinen Massagetisch auf ein Lastenrad gepackt und ist seit nunmehr drei Jahren als Heilmasseur, Shiatsu- und Cranio-Sacral-Praktiker im Raum Wiener Neustadt unterwegs. Wir sprechen mit ihm über Karrierewege, Familie und Leidenschaft für die eigene Berufung.
Vielseitigkeit und persönliche Werte beruflich wie privat in Einklang zu bringen, scheint das Lebensmotto von Karl Bauer zu sein. Er ist ausgebildeter Heilmasseur, diplomierter Sportlehrer, Shiatsu-Praktiker und Cranio-Sacral-Praktiker. Seine Liebe zum Ausdauersport zeigt sich in den beachtlichen Distanzen, die er in seinem Leben bereits zurückgelegt hat: rund 30 Marathons, zwölfmal die Ironman-Distanz im Triathlon, mit dem Fahrrad zum Nordkap und die Hochzeitsreise auf zwei Rädern nach Gibraltar. Seit zehn Jahren ist Karl Bauer verheiratet und Vater von drei Söhnen, die in seine sportlichen Fußstapfen treten.
In unserem Podcast hashtagPRAXIS – in Partnerschaft mit appointmed – sprechen wir mit ihm über seinen beruflichen Werdegang, seine ungewöhnliche Praxis und warum Leidenschaft für die Sache immer noch der beste Antrieb ist.
Zum Einstieg in unser Gespräch: Erzähl uns doch bitte von den Meilensteinen deines bisherigen Karrierewegs?
Direkt nach meiner Ausbildung zum Heilmasseur bekam ich 1998 eine tolle Anstellung in einem 5-Sterne-Hotel in Tirol. Meine Hauptaufgaben waren klassische Massagen im Wellnessbereich des Hotels, aber auch Wassergymnastik und Sportanimation standen auf dem Programm. Danach habe ich einen Job in einer Therme in Bad Sauerbrunn angenommen. Hier durfte ich nicht nur als Masseur arbeiten, sondern auch mit Physiotherapeuten im Bereich Trainingstherapie zusammenarbeiten und Kurse und Vorträge zum Thema Ausdauersport anbieten. Das hat mir viel Selbstvertrauen gegeben. Ein echter Meilenstein war dann die Arbeit in der Gemeinschaftspraxis Sportordination Wien, wo ich bis Mitte 2021 tätig war. Die Zusammenarbeit mit den Physiotherapeuten dort hat mich auf vielen Ebenen enorm weitergebracht.
Warst du in den Jobs, die du bis zu deiner Anstellung in der Gemeinschaftspraxis hattest, angestellt oder selbstständig tätig?
Als ich im Kurzentrum Bad Sauerbrunn gearbeitet habe, kamen immer wieder Kundinnen und Kunden auf mich zu und fragten, ob ich auch Hausbesuche machen würde. Das hat mir sehr gut gefallen, zumal ich gemerkt habe, dass ich mich sehr gut selbst organisieren kann. Im Jahr 2008 habe ich dann die Therapeuten der Sportordination Wien bei einem Trainingslager auf Fuerteventura zufällig privat kennengelernt. Sie haben gemeinsam Rad- und Laufausflüge gemacht und irgendwann habe ich sie angesprochen und mich ihnen angeschlossen. Die sind dann am Ende des Trainingslagers auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob ich in die Gemeinschaftspraxis einsteigen möchte. So habe ich meine Selbstständigkeit wieder aufgegeben und bin bei der Sportordination Wien eingestiegen.
„Der Sprung in die Selbstständigkeit ist mir relativ leicht gefallen, da ich mich gut organisieren kann und durch den Triathlonsport konsequent und ehrgeizig bin. Wenn man einen Trainingsplan hat, dann gibt es keine Müdigkeit oder schlechtes Wetter. Man setzt sich ein Ziel, macht einen Plan und hält sich daran. Diese Einstellung hilft mir in der Selbstständigkeit sehr.“
Manchmal bringt der Zufall Menschen zusammen, wo die Chemie gleich von Anfang an stimmt, und man wagt etwas Neues.
Absolut! Ich habe damals gleich gespürt, dass wir auf einer Wellenlänge sind. Mit der Sportordination zusammen haben dann noch einige weitere Trainingscamps stattgefunden, bei denen ich als Trainer, aber auch als Masseur mit dabei war. Ich hatte also ein vollfinanziertes Trainingscamp für mich und habe auch noch Geld dabei verdient, da ich die Athleten massiert habe. Das war perfekt. Es hat zudem zu weiteren Vernetzungen geführt und so bin ich seit 2010 im fixen Kader der Betreuung beim Vienna City Marathon. Jedes Jahr bin ich das ganze Wochenende für die Beine der Top-Athleten aus Kenia, Äthiopien usw. zuständig. Schon so lange das Vertrauen zu genießen und ein Teil dieser Top-Veranstaltung zu sein, ist für mich ein großes Privileg.
Welche persönlichen Überlegungen, welche Pros und Contras waren bei Deinen Karriereentscheidungen am wichtigsten?
Der Sprung in die Selbstständigkeit ist mir relativ leicht gefallen, da ich mich gut organisieren kann und durch den Triathlonsport konsequent und ehrgeizig bin. Wenn man einen Trainingsplan hat, dann gibt es keine Müdigkeit oder schlechtes Wetter. Man setzt sich ein Ziel, macht einen Plan und hält sich daran. Diese Einstellung hilft mir in der Selbstständigkeit sehr. Zu Beginn meiner mobilen Selbstständigkeit war die logistische Organisation oft sehr mühsam. Ich musste mit dem Auto ständig von A nach B und wieder zurückfahren, weil die Klienten, die ich an dem Tag hatte, mitunter weit auseinander wohnten. Aber ich wusste, dass ich in den sauren Apfel beißen muss, um mir einen Namen zu machen. Heute bin ich in meinem Bezirk vielen gut bekannt und werde von Ärzten und Physiotherapeuten weiterempfohlen. Es hat sich also gelohnt.
Bis 2021 warst du in der Gemeinschaftspraxis und hast Dich dann erneut für die Selbstständigkeit entschieden. Wie kam es dazu?
2019 kam unser drittes Kind auf die Welt und mir wurde klar, dass ich, wenn ich so weitermache wie bisher, genau der Vater werde, der ich nie sein wollte. Ich stand um 5.00 Uhr morgens auf und kam oft erst um 20.00 oder 21.00 Uhr nach Hause. Meine Frau ist seit 2014 in Karenz und ich bin quasi der Alleinverdiener, weshalb ich viel gearbeitet, aber meine Kinder so kaum noch gesehen habe. So habe ich mich schlussendlich für die Selbstständigkeit entschieden und meinen Kollegen in der Sportordination gesagt, dass ich aufhören möchte. Wir haben eine sehr schöne Abschiedsparty bei mir zu Hause veranstaltet. Ich wollte ihnen so auch nochmals zeigen, warum ich diesen Schritt mache: wegen meiner Familie. Ich bin daraufhin wieder zur mobilen Selbstständigkeit zurückgekehrt, wusste aber, dass ich nicht mehr mit dem Auto unterwegs sein möchte. So habe ich mir ein Lastenrad angeschafft, den Tisch vorne drauf montiert und fahre nun damit im Bezirk Wiener Neustadt zu meinen Kunden.
„Ich habe mir ein Lastenrad angeschafft, den Tisch vorne drauf montiert und fahre nun damit im Bezirk Wiener Neustadt zu meinen Kunden. Was mich aber am meisten freut, ist, dass man auch andere motiviert und inspiriert. Ein Techniker bei uns im Ort fährt mittlerweile seine Haushaltsgeräte mit dem Lastenrad aus.“
Wie wurde das von den Kunden angenommen?
Sehr gut. Was mich aber am meisten freut, ist, dass man auch andere motiviert und inspiriert. Ein Techniker bei uns im Ort fährt mittlerweile seine Haushaltsgeräte mit dem Lastenrad aus. Ich muss zugeben, dass ich nicht bei jedem Wetter mit dem Rad fahre, denn es ist auch nicht möglich, sich bei Regen vor Terminen jedes Mal umzuziehen. Ich überlege aber, in den nächsten Jahren auf ein Elektroauto umzusteigen, um trotzdem nachhaltig unterwegs zu sein. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Im letzten Jahr habe ich zwei Angebote bekommen, in Gemeinschaftspraxen einzusteigen. Da merke ich wieder: Wenn man mit Leidenschaft dabei und gut vernetzt ist, öffnen sich viele Türen und die Möglichkeiten werden immer besser.
Stichwort Leidenschaft: Wie wichtig ist es, mit Leidenschaft dabei zu sein? Was braucht es deiner Meinung nach, um bei der Sache zu bleiben?
Mein Beruf als Masseur ist für mich einfach vielmehr eine Berufung. Wenn man einmal die Woche oder alle 14 Tage zum Massieren vorbeikommt, dann wird man mit der Zeit Teil des Lebens dieser Menschen. Sie sind mit der Zeit weit mehr als einfach nur Kunden, schütten einem das Herz aus und das ist ein Vertrauen, das ich als großes Privileg empfinde.
Wie Karl Bauer das Thema Werbung angeht, welche Tipps er angehenden Selbstständigen geben würde und wie er trotz vollem Terminkalender dafür sorgt, dass die Selbstfürsorge nicht zu kurz kommt, kannst du hier nachlesen oder im hashtagPRAXIS Podcast anhören.
Header © Barbara Pacejka Fotografie