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Gesundheit am Arbeitsplatz: Tipps zum Einstieg in die Betriebliche Gesundheitsförderung

Von Präventionskursen bis Coaching – die Betriebliche Gesundheitsförderung eröffnet Therapeutinnen und Therapeuten neue Möglichkeiten. Wir zeigen, welche Anforderungen gelten und worauf zu achten ist.

Die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) bietet Unternehmen die Möglichkeit, die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden aktiv zu unterstützen. Für selbstständige TherapeutInnen eröffnet sich dadurch ein spannendes Tätigkeitsfeld – von Präventionskursen bis hin zu individuellen Coaching-Angeboten. Doch welche Anforderungen müssen erfüllt sein, damit Unternehmen steuerliche Vorteile nutzen können? Und worauf sollten TherapeutInnen achten, wenn sie Kurse oder Vorträge für Betriebe anbieten? Unser Leitfaden gibt einen Überblick über die wichtigsten Aspekte.


Was ist Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)?

Die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst alle Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen, um die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten und zu verbessern. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) und basiert auf dem Zusammenspiel von Verhaltens- und Verhältnisprävention. Ziel ist es, gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen, Stress zu reduzieren und Krankheiten vorzubeugen.

Im Bereich der Verhältnisprävention können die betrieblichen gesundheitsfördernden Maßnahmen beispielsweise eine ausgewogene Kantinenkost, die gesundheitsfördernde Gestaltung des Arbeitsplatzes mit ergonomischen Anpassungen u. Ä., Rauchfreiheit oder bauliche Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, wie größere Fenster für mehr Tageslicht und Rückzugsorte für konzentriertes Arbeiten oder Pausen, sein. 

Im Bereich Verhaltensprävention können Bewegungsprogramme (z. B. Physiotherapie, Yoga oder Sportangebote), Vorträge und Kurse (z. B. zu den Themen Ernährung, Gesundheitsvorsorge oder Stressmanagement) und psychologische Beratung seitens des Unternehmens für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten werden. 

Betriebliche Gesundheitsförderung in Deutschland: Möglichkeiten, Förderungen und Vorgaben für Unternehmen

In Deutschland können Unternehmen beispielsweise nach § 3 Nr. 34 Einkommensteuergesetz (EStG) bis zu 600 Euro pro Jahr und Mitarbeiterin/Mitarbeiter steuerfrei für gesundheitsfördernde Maßnahmen investieren. 

Steuerbefreit sind Maßnahmen, die bestimmte Qualitätsstandards erfüllen und einen klaren gesundheitlichen Zweck verfolgen. Sie müssen zielgerichtet sein und den Vorgaben entsprechen, insbesondere in Bezug auf Zertifizierung, Wirksamkeit und fachliche Anforderungen. Dazu gehören unter anderem folgende Angebote:

1. Zertifizierte Präventionskurse

Arbeitgebende können ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zertifizierte Präventionskurse anbieten, die bestimmte gesundheitliche Ziele verfolgen, z. B. Stressbewältigung, Bewegung oder Ernährung. Diese Kurse müssen den Vorgaben der §§ 20 und 20b SGB V entsprechen und sind auf den Websites der Krankenkassen sowie des GKV-Spitzenverbands gelistet. Die Zertifizierung garantiert, dass die Maßnahmen anerkannt und förderfähig sind.

2. Nicht zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers

Wenn ein Unternehmen eigene Präventionskurse anbietet, die nicht von einer Krankenkasse zertifiziert sind, können diese unter bestimmten Bedingungen ebenfalls steuerfrei bleiben. Dies gilt, wenn sie Teil eines durch die Krankenkassen geförderten Gesundheitsförderungsprozesses sind oder wenn sie inhaltlich den Qualitätsanforderungen entsprechen, aber ausschließlich für die eigenen Beschäftigten angeboten werden. Wichtig ist, dass solche Kurse nicht identisch mit bereits für gesetzlich Versicherte angebotenen Kursen sind.

3. Weitere Maßnahmen zur Gesundheitsförderung

Neben den klassischen Präventionskursen können Unternehmen auch andere gesundheitsfördernde Maßnahmen umsetzen. Dazu zählen unter anderem Programme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder zur Förderung eines gesunden Lebensstils im Betrieb, beispielsweise Stressbewältigung, Bewegungsförderung oder Ernährung am Arbeitsplatz. Diese Maßnahmen müssen in einen strukturierten Gesundheitsförderungsprozess eingebunden sein.

Maßnahmen, die nicht steuerfrei sind

Nicht unter die Steuerbefreiung fallen beispielsweise Mitgliedsbeiträge für Fitnessstudios oder Sportvereine, reine Sportkurse, Massagen oder physiotherapeutische Behandlungen ohne direkten Bezug zu einer gesundheitlichen Intervention. Auch Maßnahmen mit einseitigen körperlichen Belastungen sind ausgeschlossen.

Insgesamt sollen steuerbefreite Maßnahmen gezielt die Gesundheit am Arbeitsplatz fördern und langfristig zu einem gesünderen Arbeitsumfeld beitragen.

Betriebliche Gesundheitsförderung in Österreich: Möglichkeiten, Förderungen und Vorgaben für Unternehmen

In Österreich gibt es ebenfalls zahlreiche Fördermöglichkeiten und steuerliche Vorteile für Unternehmen, die sich aktiv in der Gesundheitsförderung engagieren. Besonders hervorzuheben ist das „BGF-Gütezeichen„, das von der Betrieblichen Gesundheitsförderung Österreich verliehen wird und gesundheitsbewusste Betriebe auszeichnet. Das österreichische Netzwerk BGF (ÖNBGF) stellt auf seiner Website für Betriebe auch zahlreiche Broschüren rund um das Thema Betriebliche Gesundheitsförderung bereit, die natürlich auch für Therapeutinnen und Therapeuten, die Kurse, Vorträge und Programme in diese Richtung anbieten möchten, hilfreich sein können. Orientiert an der Luxemburger Deklaration für BGF in der EU formuliert das ÖNBGF zudem 15 Qualitätskriterien für eine qualitätsvolle und nachhaltige betriebliche Gesundheitsförderung

Die Wirtschaftskammer bietet einen guten Überblick über die rechtlichen Vorgaben und die steuerlichen Befreiungen für Unternehmen, die betrieblich die Gesundheit fördern. Gesundheitsfördernde Maßnahmen können als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden, was für Unternehmen einen zusätzlichen Anreiz darstellt, in die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu investieren. Des Weiteren wird hier auch übersichtlich ausgeführt, wie Trainerinnen und Trainer beschäftigt werden sollten, je nachdem, welche Gegebenheiten vorliegen. Ein Punkt, der für Therapeutinnen und Therapeuten, die ihre Fachkompetenz in Form von Kursen oder Vorträgen in Unternehmen anbieten, wichtig zu wissen ist – vor allem für die Einkommenssteuererklärung. Dazu später noch mehr.

Die Wirtschaftskammer Österreich gibt auch einen guten Überblick über die Förder- und Unterstützungsmaßnahmen für betriebliche Gesundheitsförderung – in den einzelnen Bundesländern, in Österreich und in der EU. Durch diese verschiedenen Unterstützungsmaßnahmen wird es Unternehmen erleichtert, in die Betriebliche Gesundheitsförderung zu investieren und gleichzeitig steuerliche Vorteile zu nutzen. Dies schafft eine Win-win-Situation sowohl für Arbeitgebende als auch für Arbeitnehmende, da ein gesundheitsbewusstes Arbeitsumfeld langfristig zu einer höheren Zufriedenheit, geringeren Krankenständen und einer gesteigerten Produktivität führt. Zudem bietet es Therapeutinnen und Therapeuten eine zusätzliche Möglichkeit, ihre Dienste anzubieten, darüber eventuell auch im privaten Kontext der Arbeitnehmenden langfristige Klientinnen und Klienten zu gewinnen und zusammen mit Unternehmen gesundheitsfördernde Projekte auf die Beine zu stellen. Projekte, die möglicherweise neue Impulse für weitere gesundheitsfördernde Initiativen setzen. 

Chance und Arbeit zugleich: Vor- und Nachteile für Therapeutinnen und Therapeuten

Selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten haben viele Möglichkeiten, ihre Expertise in die betriebliche Gesundheitsförderung einzubringen. Sie können beispielsweise Präventionsprogramme anbieten, wie ergonomische Schulungen, Stressbewältigung oder Ernährungsworkshops. Auch Bewegungskurse wie Yoga, Wirbelsäulengymnastik oder physiotherapeutische Übungen sind beliebte Maßnahmen. Psychologische Beratung und Coaching spielen eine zunehmende Rolle, insbesondere in der Burnout- und Suchtprävention und im Resilienztraining. Unternehmen können darüber hinaus individuelle Therapieangebote in Anspruch nehmen, indem sie Gutscheine für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwerben, die diese flexibel in der Praxis der Therapeutinnen und Therapeuten einlösen können. 

Die betriebliche Gesundheitsförderung bietet für selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten zahlreiche Vorteile. Sie können mitunter eine stabile Einnahmequelle erschließen und langfristige Kooperationen mit Unternehmen aufbauen. Dies fördert nicht nur die berufliche Sicherheit, sondern auch die Sichtbarkeit und Vernetzung im Gesundheitsbereich. Sie können zudem über die Arbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitunter langfristige Klientinnen und Klienten gewinnen – über den Unternehmenskontext hinaus. Darüber hinaus tragen Therapeutinnen und Therapeuten aktiv zur Gesundheitsprävention bei und leisten einen gesellschaftlichen Mehrwert

Jedoch gibt es auch Herausforderungen. Der organisatorische Aufwand kann hoch sein, insbesondere in Bezug auf Vertragsgestaltung, Abrechnung und Kommunikation mit den Unternehmen. Zudem besteht ein gewisses Haftungsrisiko, falls es zu Verletzungen oder gesundheitlichen Problemen der Teilnehmenden kommt – dazu gleich mehr. Ein weiterer Nachteil ist die schwankende Nachfrage, da die Budgets von Unternehmen für Gesundheitsförderung variieren können. 

Kurse und Vorträge anbieten: Worauf sollten Therapeutinnen und Therapeuten achten

Wenn TherapeutInnen Programme, Kurse oder Vorträge für Unternehmen im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) anbieten möchten, gibt es einige wichtige Aspekte zu beachten – sowohl organisatorisch als auch rechtlich und steuerlich.

1. Zertifizierung und Förderfähigkeit der Maßnahmen

Damit Unternehmen die Steuerbefreiung für gesundheitsfördernde Maßnahmen in Anspruch nehmen oder Fördermittel beantragen können, müssen die angebotenen Kurse bestimmte Anforderungen erfüllen. Entsprechend der Vorgaben in Deutschland sollten Therapeutinnen und Therapeuten also klären, ob ihre Leistungen eine ZPP-Zertifizierung benötigen oder ob das Unternehmen die Maßnahmen anderweitig steuerlich geltend machen kann.

Für Therapeutinnen und Therapeuten in Österreich gibt es zwar keine konkrete verpflichtende Zertifizierung, es macht aber Sinn, sich an den Qualitätsrichtlinien der Förderstellen zu orientieren. Auch das Handbuch Betriebliche Gesundheitsförderung des Netzwerks BGF sowie die bereits zuvor erwähnten weiteren Broschüren des Netzwerks können hier weiterhelfen. 

2. Vertragsgestaltung mit Unternehmen

Bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen ist es wichtig, klare vertragliche Vereinbarungen schriftlich zu treffen. Ein Dienstleistungsvertrag sollte mindestens Folgendes beinhalten:

  • Art der Leistung (z. B. Präventionskurs, Vortrag, Einzelberatung)
  • Dauer und Umfang der Maßnahme
  • Ort der Durchführung (im Unternehmen, online oder in der eigenen Praxis)
  • Vergütung und Zahlungsmodalitäten
  • Haftungsfragen und Versicherungsschutz
  • Datenschutzregelungen (insbesondere bei sensiblen Gesundheitsdaten)

Bei der Preisgestaltung sollten der organisatorische Aufwand und die Vorbereitungszeiten mit eingepreist werden, damit sich die zusätzliche Arbeit rechnet. 

3. Haftung und Versicherungsschutz

Falls sich eine Teilnehmerin oder ein Teilnehmer während eines Kurses oder einer Therapieeinheit verletzt, stellt sich die Frage nach der Haftung. Hier gibt es zwei wichtige Aspekte:

  • Betriebshaftpflichtversicherung des Unternehmens: Falls die Veranstaltung im Betrieb stattfindet, kann diese Versicherung unter Umständen greifen.
  • Berufshaftpflichtversicherung der Therapeutin/des Therapeuten: Diese sollte unbedingt geprüft werden, um sicherzustellen, dass BGF-Maßnahmen mit abgedeckt sind.

Therapeutinnen und Therapeuten gehen oftmals davon aus, dass die Haftung ausschließlich beim Unternehmen liegt – dies kann jedoch je nach Vertrag und Versicherungsvertrag variieren.

4. Steuerliche Auswirkungen für Therapeutinnen und Therapeuten

Wenn selbstständige Therapeutinnen und Therapeuten neben ihrer Praxis BGF-Maßnahmen für Unternehmen anbieten, wirkt sich das auf die Steuererklärung aus, beispielsweise wenn das Angebot nicht als freiberuflich, sondern gewerblich eingestuft wird. Daher sollten Therapeutinnen und Therapeuten dies mit ihrer Steuerberatung klären, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.

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