Auf drei Tasten einer Computertastatur sind die Symbole für körperliche Einschränkungen sowie Taubheit und Blindheit gedruckt. Daneben sieht man eine Enter-Taste. Ein Sinnbild für die Barrierefreiheit von Websites. Auf drei Tasten einer Computertastatur sind die Symbole für körperliche Einschränkungen sowie Taubheit und Blindheit gedruckt. Daneben sieht man eine Enter-Taste. Ein Sinnbild für die Barrierefreiheit von Websites.

Digitale Barrierefreiheit: Websites und Apps für alle NutzerInnen zugänglich machen

Seit Juni 2025 ist der European Accessibility Act in Kraft und rückt die digitale Barrierefreiheit in den Fokus.

Laut der WHO leben rund 1,3 Milliarden Menschen weltweit mit Einschränkungen, die den uneingeschränkten Zugang zu digitalen Inhalten erschweren. Dazu zählen Menschen mit Seh-, Hör- oder motorischen Beeinträchtigungen, kognitive Einschränkungen, ältere Nutzerinnen und Nutzer oder Personen mit temporären Einschränkungen wie Verletzungen.

Digitale Barrierefreiheit sorgt dafür, dass Websites, Apps und digitale Dienstleistungen für alle gleichermaßen nutzbar sind. Gleichzeitig profitieren Unternehmen von besserer Sichtbarkeit im Web, höherer Nutzerzufriedenheit und optimierter User Experience.


Gesetzliche Grundlagen in Deutschland, Österreich und der EU

Für öffentliche Einrichtungen ist die barrierefreie Gestaltung ihrer digitalen Angebote bereits sein September 2018 gesetzlich verpflichtend. Die gesetzliche Grundlage in Österreich hierfür ist das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG), das auf der EU-Richtlinie 2016/2102 basiert. In Deutschland regeln diese Vorgaben das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und die BITV 2.0, basierend auf den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG 2.2).

Der European Accessibility Act – auch bekannt als EU-Richtlinie 2019/882 – verpflichtet Unternehmen und Online-Shops, die digitale Produkte oder Dienstleistungen anbieten, seit Juni 2025 EU-weit zu barrierefreien Websites und Apps:

  • Unternehmen mit mehr als 400 Mitarbeitenden müssen eine verantwortliche Person für Barrierefreiheit ernennen.
  • Reine Marketing-Websites kleiner Unternehmen sind vorerst ausgenommen.
  • Verstöße können Geldstrafen bis zu 80.000 Euro nach sich ziehen; wiederholte Verstöße führen zu mehrfachen Strafen.

Diese EU-Richtlinie wird in Österreich über das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) und in Deutschland mittels Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) auf nationaler Ebene umgesetzt. 

Betroffene und Ausnahmen

Betroffen sind insbesondere Unternehmen, die im B2C-Bereich tätig sind, also direkt an Endkundinnen und -kunden verkaufen. Dazu zählen Online-Shops und Apps im E-Commerce, Hotel- und Reiseportale, auf denen Buchungen durchgeführt werden können, sowie digitale Plattformen mit Terminbuchungsfunktionen. Auch wenn die eigentliche Dienstleistung – wie etwa eine Hotelübernachtung – nicht direkt unter das Barrierefreiheitsgesetz fällt, gilt die Verpflichtung dennoch, sobald die Buchung online erfolgt. Ebenso betroffen sind Verlage und Anbieter digitaler Publikationen sowie Websites, über die digitale Mitgliedschaften oder Abonnements abgeschlossen werden können.

Von dieser Pflicht ausgenommen sind derzeit Unternehmen, die ausschließlich im B2B-Bereich tätig sind. Ebenfalls befreit sind Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von maximal zwei Millionen Euro. In Ausnahmefällen kann ein Unternehmen zudem eine Befreiung beantragen, wenn die Umsetzung der Barrierefreiheit eine unverhältnismäßige finanzielle Belastung darstellen würde – diese Nachweise sind jedoch streng zu prüfen und in der Praxis schwer durchzusetzen.

Für bereits bestehende digitale Angebote gilt eine Übergangsfrist bis Ende 2030: Inhalte oder Produkte, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden, müssen erst bis dahin vollständig barrierefrei sein. Wichtig ist jedoch, dass jede wesentliche Änderung – etwa ein neues Design, ein Buchungssystem oder eine technische Anpassung – ab sofort barrierefrei umgesetzt werden muss.

Für Therapeutinnen und Therapeuten, die eine kleine Praxis führen, besteht aktuell noch keine gesetzliche Verpflichtung zur digitalen Barrierefreiheit. Dennoch ist es gerade im Gesundheitswesen empfehlenswert, Websites und digitale Angebote barrierefrei zu gestalten – aus Respekt und Verantwortung gegenüber Patientinnen und Patienten mit Einschränkungen, aber auch, um mit gutem Beispiel voranzugehen und auf mögliche zukünftige gesetzliche Vorgaben vorbereitet zu sein.


Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?

Digitale Barrierefreiheit stellt sicher, dass Websites und Apps für alle Nutzer:innen zugänglich, bedienbar und verständlich sind – unabhängig von individuellen Einschränkungen.

Eine gute Orientierung geben die vier Prinzipien der WCAG:

  1. Wahrnehmbar: Inhalte müssen auch bei visuellen oder auditiven Einschränkungen zugänglich sein.
  2. Bedienbar: Alle Interaktionen müssen ohne Maus möglich sein.
  3. Verständlich: Inhalte logisch strukturiert und gut nachvollziehbar.
  4. Robust: Inhalte müssen von Browsern und assistiven Technologien korrekt interpretiert werden.

Häufige Barrieren auf Websites

Viele Websites enthalten noch immer Barrieren, die den Zugang für Menschen mit Einschränkungen erschweren. Häufig fehlen beispielsweise Alternativtexte für Bilder, wodurch sogenannte Screenreader – also Programme, die den Bildschirminhalt vorlesen oder in Blindenschrift ausgeben – keine Beschreibung des Inhalts liefern können. Ebenso problematisch sind unzureichende Farbkontraste, die das Lesen für Menschen mit Sehschwächen erschweren. Auch eine fehlende Struktur bei Überschriften kann dazu führen, dass Nutzerinnen und Nutzer sich nur schwer orientieren können.

Darüber hinaus bereiten nicht bedienbare Formulare Schwierigkeiten, wenn Eingabefelder oder Buttons nicht korrekt beschriftet sind oder sich nur mit der Maus, nicht aber mit der Tastatur ausfüllen lassen. Videos ohne Untertitel sind für gehörlose oder schwerhörige Menschen nicht zugänglich, und eine zu komplexe Sprache kann es Nutzerinnen und Nutzern mit kognitiven Einschränkungen oder geringeren Sprachkenntnissen unnötig schwer machen, Inhalte zu verstehen.


Technische und gestalterische Anforderungen

Heruntergebrochen auf die Website-Gestaltung und angesichts der typischen Barrieren lassen sich die vorhin genannten vier Prinzipien auf drei Bereiche und konkrete To-dos aufteilen:

Technik

  • Schnelle Ladezeiten, responsives und skalierbares Design.
  • Eingabehilfen, automatische Fehlererkennung.
  • Vollständige Tastaturbedienbarkeit und Skip-Links.

Design

  • Berücksichtigung von Farbblindheit und Kontrasten.
  • Einheitliche Schriftgrößen und Layoutstrukturen.
  • Konsistente Navigation.

Inhalt

  • Überschriftenhierarchie zur Orientierung.
  • Alternativtexte für Bilder, Untertitel für Videos.
  • Verständliche Sprache für alle Nutzergruppen.

Wichtig: Tools auf Basis künstlicher Intelligenz oder sogenannte Overlays – also nachträglich eingeblendete Zusatzfunktionen wie automatische Kontrastanpassung oder Vorlesefunktionen – können die Barrierefreiheit zwar teilweise verbessern, sie ersetzen aber keine echte barrierefreie Gestaltung. Solche Systeme erkennen oft nicht, wie Inhalte tatsächlich gemeint sind – zum Beispiel, ob ein Bild nur dekorativ ist oder wichtige Informationen enthält, oder ob ein Formularfeld richtig beschriftet wurde. Dadurch können trotz technischer Unterstützung weiterhin Barrieren bestehen bleiben. Eine wirklich barrierefreie Website entsteht nur, wenn Inhalt, Design und Technik von Grund auf barrierefrei umgesetzt werden.


Vorteile barrierefreier Websites und Apps

Barrierefreie Websites und Apps bieten zahlreiche Vorteile – sowohl für Nutzerinnen und Nutzer als auch für Unternehmen. Sie sprechen eine deutlich größere Zielgruppe an, da Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen digitale Inhalte uneingeschränkt nutzen können. Gleichzeitig profitieren alle Besucherinnen und Besucher von einer verbesserten User Experience, denn eine barrierefreie Gestaltung führt zu klarer Struktur, einfacher Navigation und besserer Lesbarkeit.

Auch Suchmaschinen bevorzugen barrierefreie Websites, weil deren Inhalte technisch sauber aufgebaut und leicht indexierbar sind – was sich langfristig positiv auf die Sichtbarkeit und Reichweite auswirkt. Zudem stärkt eine barrierefreie Website die Kundentreue, da sich Nutzerinnen und Nutzer mit Einschränkungen ernst genommen und willkommen fühlen. Nicht zuletzt schützt die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen – etwa durch den European Accessibility Act (EAA), das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) und die WCAG-Richtlinien – vor rechtlichen Risiken und zeigt gesellschaftliche Verantwortung.


Schritt für Schritt zu einer barrierefreien Website

🧩 Barrierefreiheit früh einplanen: Schon bei der Website-Erstellung berücksichtigen, spart bis zu 30 Prozent der Kosten.

📄 Barrierefreiheitserklärung veröffentlichen: Dokumentation des aktuellen Standes und der geplanten Verbesserungen.

🎬 Dokumente und Multimedia barrierefrei gestalten: PDFs, Videos und andere Inhalte anpassen.

🖋️ Barrierefreiheit in der Content-Planung sicherstellen: Alle neuen Inhalte müssen barrierefrei veröffentlicht werden.

🔧 Barrieren priorisiert beheben: Fokus auf die häufigsten Fehler wie fehlende Alternativtexte und unklare Navigation.

🎓 Schulungen und Weiterbildungen besuchen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem neuesten Stand halten.

Header © Canva