In Wien wurde Anfang November der Gesundheitspsychologie-Preis 2025 verliehen – ein Ereignis, das die Bedeutung und Vielfalt gesundheitspsychologischer Arbeit in Österreich eindrucksvoll sichtbar machte.
Am 04. November 2025 wurde in Wien der Österreichische Gesundheitspsychologie-Preis 2025 vom Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP) vergeben – ein Abend, der die Relevanz und Innovationskraft der Gesundheitspsychologie in Österreich kraftvoll unterstrich. Rund 200 Teilnehmende vor Ort und online feierten die Vielfalt, Wirksamkeit und gesellschaftliche Bedeutung gesundheitspsychologischer Projekte. Schon in ihren Eröffnungsworten betonte Mag.a Hilde Wolf, MBA vom Leitungsteam der BÖP-Fachsektion Gesundheitspsychologie die Notwendigkeit eines Aufbruchs: Die Veranstaltung solle ein „starkes Zeichen“ und eine „Kehrtwende für die Gesundheitspsychologie“ markieren.
Auch BÖP-Präsidentin a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Beate Wimmer-Puchinger hob hervor, dass Gesundheitspsychologie als tragende Säule der Gesundheitsversorgung verstanden werden müsse. Die diesjährige Preisverleihung, durchgeführt von Prof. Mag. Dr. Stefan Höfer, zeichnete drei herausragende Projekte aus, die zeigen, wie vielfältig, praxisnah und gesellschaftlich relevant Gesundheitspsychologie in Österreich umgesetzt wird. Begleitet wurde die Veranstaltung von inspirierenden fachlichen Impulsen, die den Blick auf die Zukunft des Fachs richteten und einmal mehr verdeutlichten: Gesundheitspsychologie gehört in die Mitte des Gesundheitssystems.
Wir stellen euch die Gewinner-Projekte näher vor!
Gewinnerprojekt „mental health days“: Psychische Gesundheit von Jugendlichen sichtbar machen

Das Projekt „mental health days“ wurde aus einer zutiefst persönlichen Erfahrung des Initiators Golli Marboe geboren: Sein Sohn Tobias nahm sich 2018 im Alter von 29 Jahren das Leben. Aus dieser Tragödie entstand die Erkenntnis, wie dringend nötig mehr Wissen und offene Gesprächsmöglichkeiten über psychisches Wohlbefinden sind. Heute richtet sich die Initiative gezielt an Schülerinnen und Schüler sowie Lehrlinge der Sekundarstufe I und II, um die psychische Gesundheit junger Menschen ins Zentrum zu rücken und Prävention praktisch erlebbar zu machen.
Die „mental health days“ setzen auf frühzeitige Sensibilisierung, offene Gespräche über Emotionen und konkrete Informationen zu Hilfsangeboten. Durch interaktive Workshops werden Themen wie Leistungsdruck, Mobbing, Depression, Suizidalität, Essstörungen, Sucht, Ängste und Handy-/Internetsucht bearbeitet. Ein zentrales Element sind anonyme Mentimeter-Abfragen, die Jugendlichen ein sicheres Ventil bieten, ihre Gefühle zu äußern. Die Inhalte werden live in einem Graphic Protocol visualisiert, sodass die Themen langfristig in der Schule präsent bleiben. Ergänzend werden Elternabende und Workshops für Pädagoginnen und Pädagogen angeboten, um die gesamte Schulgemeinschaft einzubeziehen.
Die Initiative verfolgt eine klare Vision: Bis 2030 sollen alle rund 2.500 Sekundarstufenschulen in Österreich einen „mental health day“ etabliert haben, ergänzt durch präventive Formate für Volksschulen und Kindergärten. Mit dem Programm „mental health days extended“, das im Herbst 2025 gestartet ist, werden auch nicht-muttersprachliche Jugendliche besser erreicht, unter anderem durch Materialien in einfacher Sprache, Therapiehunde und nonverbale Kommunikation.
Seit dem Start im Frühjahr 2022 haben die „mental health days“ bereits über 150.000 junge Menschen in acht Bundesländern erreicht. Die Initiative ist stark nachgefragt, mit über 500 Schulen auf der Warteliste. Die Wirksamkeit und Relevanz werden wissenschaftlich begleitet: Über 14.500 Jugendliche nahmen 2024 an der begleitenden Studie teil, und eine externe Evaluation durch die Ludwig-Maximilians-Universität München ist geplant. Das Projekt wurde 2024 mit dem Bank Austria Sozialpreis Wien ausgezeichnet und für den Austrian SDG-Award 2024 nominiert.
Mit einem partizipativen Jugendbeirat, interaktiven Workshops und flächendeckender Reichweite leistet „mental health days“ einen wichtigen Beitrag dazu, psychische Gesundheit bei Jugendlichen zu enttabuisieren, frühzeitig Krisen vorzubeugen und nachhaltiges Wohlbefinden zu fördern.
Gewinnerprojekt „#PflegeKRAFT“: Gesundheitsförderung für Pflegekräfte im Wiener Gesundheitsverbund

Das Projekt #PflegeKRAFT setzt genau dort an, wo Pflegekräfte besonders gefordert sind: am Arbeitsplatz. Steigende Belastungen, Leistungsdruck, psychosoziale Herausforderungen und körperliche Beanspruchung führen häufig zu Stress, Krankenständen und Leistungseinbußen. Mit dem Projekt adressiert das Institut für Frauen- und Männergesundheit (FEM SÜD, MEN) gemeinsam mit dem Wiener Gesundheitsverbund die Gesundheitsförderung von Pflegeassistentinnen und -assistenten, Pflegefachassistentinnen und -fachassistenten und diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegekräften.
Ziel von #PflegeKRAFT ist es, Ressourcen und Gesundheitskompetenz der Pflegekräfte zu stärken und dabei geschlechts- sowie kultursensible Aspekte zu berücksichtigen. Zentraler Bestandteil des Projekts sind partizipative Gesundheitszirkel, in denen Mitarbeitende offen über Belastungen, Herausforderungen und mögliche Lösungen diskutieren. Ergänzend werden Führungskräfte, Abteilungsleitungen und das mittlere Management eingebunden, um Maßnahmen nachhaltig in den Arbeitsalltag zu integrieren.
Der Projektablauf folgt einem klar strukturierten Kreislauf: Nach Kick-off-Veranstaltungen und Erhebungen zu gesundheitlichen Bedürfnissen werden in den Gesundheitszirkeln Belastungen und Ressourcen identifiziert. Die Mitarbeitenden entwickeln eigenständig konkrete, umsetzbare Maßnahmen, die sowohl die Arbeitsbedingungen verbessern als auch das individuelle Gesundheitsverhalten stärken. Beispiele dafür sind Anpassungen der Arbeitsumgebung, Stressmanagement durch Yoga und Entspannung, Rückenfit-Programme, ergonomische Arbeitsmittel oder mehr Wertschätzung und Anerkennung durch Führungskräfte.
Durch diesen integrativen Ansatz konnten bereits in mehreren Gesundheitseinrichtungen neue Dialogkulturen zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften etabliert werden. Die Maßnahmen tragen zur Förderung von Psychohygiene, emotionaler Resilienz, körperlicher Fitness und Work-Life-Balance bei und wirken so präventiv gegen Burnout und psychosoziale Belastungen.
Die Projektlaufzeit beträgt in der Regel 9 bis 12 Monate pro Einrichtung und zielt darauf ab, nachhaltige Verbesserungen für die Gesundheit von Pflegekräften zu schaffen. Mit #PflegeKRAFT wird deutlich, dass betriebliche Gesundheitsförderung weit über klassische körperliche Prävention hinausgeht – sie stärkt das Wohlbefinden, die Motivation und die langfristige Leistungsfähigkeit von Pflegefachkräften in einem anspruchsvollen Arbeitsumfeld.
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Gewinnerprojekt „DURCHBLICKer*in“: Gesundheitskompetenz für Frauen und Männer in der Erwachsenenbildung

Das Projekt DURCHBLICKer*in setzt gezielt bei der Stärkung der Gesundheitskompetenz benachteiligter und bildungsferner Bevölkerungsgruppen an. Viele Menschen haben Schwierigkeiten, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, kritisch zu bewerten und im Alltag umzusetzen. Diese Defizite führen nicht nur zu Einschränkungen im individuellen Wohlbefinden, sondern belasten auch das Gesundheitssystem und verstärken soziale Ungleichheiten. DURCHBLICKer*in leistet einen Beitrag, diese Lücke zu schließen, insbesondere für arbeitsmarktferne oder arbeitssuchende Frauen und Männer, Menschen mit Migrationserfahrung sowie Teilnehmende von Deutschkursen.
Kern des Projekts sind Gesundheitskompetenz-Workshops mit 12 bis 15 Einheiten, in denen die Teilnehmenden lernen, Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und umzusetzen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der psychischen Gesundheitskompetenz. Ergänzend werden Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialsystem durch (Online-)Fortbildungen geschult und für die Bedürfnisse vulnerabler Gruppen sensibilisiert. Das „Wiener Forum Gesundheitskompetenz“ dient als Plattform für Wissenstransfer, Vernetzung und Austausch aktueller Methoden. Die Workshops nutzen Methoden wie Gruppenarbeiten, Rollenspiele, praktische Übungen und Vorträge, um Gesundheitswissen anschaulich und nachhaltig zu vermitteln.
Seit dem Projektstart im Januar 2020 wurden in 100 Workshopreihen insgesamt 940 Personen erreicht, darunter 519 Frauen und 421 Männer. Dabei konnten 2.376 Kontakte zur Stärkung der Gesundheitskompetenz hergestellt werden. Zusätzlich wurden 41 Schulungen für 542 Multiplikatorinnen, Multiplikatoren und Fachkräfte durchgeführt, um Wissen und Methoden weiterzutragen. Das Vernetzungsforum zog bislang 1.830 Teilnehmende an und stärkte die Kooperation zwischen Bildung, Gesundheitswesen und Sozialbereich. Evaluationen zeigen, dass Teilnehmende mit anfänglich geringer Gesundheitskompetenz nach den Kursen ihre Fähigkeiten deutlich verbessern konnten und sich dem österreichischen Durchschnitt annäherten. Ein besonderer Meilenstein war die Verleihung des ersten österreichischen Gesundheitspreises, der die Relevanz und Reichweite des Projekts unterstreicht.
Mit DURCHBLICKer*in wird deutlich, dass nachhaltige Gesundheitskompetenz nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch die Selbstbestimmung, Teilhabe und langfristige Gesundheit von Menschen stärkt – ein zentraler Baustein für ein gesundes und gerechtes Gesundheitssystem.
femsued.at/arbeitsbereiche/durchblickerin
Alle fĂĽr den Gesundheitspsychologie-Preis 2025 nominierten Projekte findest du auf der Website des BĂ–P!
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