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Biofeedback: Wirkung, Anwendungsgebiete und Ausbildungsmöglichkeiten im Überblick

Entdecke, wie Biofeedback wirkt, bei welchen Beschwerden es hilft und welche fundierten Weiterbildungsmöglichkeiten es im deutschsprachigen Raum gibt.

Du stehst morgens auf, machst dich für den Tag fertig, fährst mit dem Fahrrad in die Praxis und begrüßt den ersten Patienten. Während du all das machst, laufen in Körper und Geist unzählige Prozesse ab, die du nicht bewusst wahrnimmst. Dein Herz schlägt, du atmest ein und aus, Blut fließt durch deinen Körper, dein Hirn verarbeitet unentwegt all die Reize, die auf dich einprasseln, und in Gedanken bist du bei diesem einen Problem, das dich seit zwei Tagen abends schlecht einschlafen lässt. Gerade bei letzterem Beispiel weißt du sicher aus eigener Erfahrung: Wenn wir uns gedanklich im Kreis drehen, hilft es oft bereits, uns bewusst zu machen, dass wir dies tun, und dann Maßnahmen zu ergreifen, von denen wir wissen, dass sie dieses Problem regulieren. Doch wie können wir uns körperliche Vorgänge, die unbewusst ablaufen, bewusst machen und lernen, sie zu regulieren? 

Genau hier setzt Biofeedback an. Dabei handelt es sich um eine Therapiemethode, bei der Patientinnen und Patienten lernen sollen, unbewusst ablaufende Prozesse in ihrem eigenen Körper bewusst wahrzunehmen und gezielt zu beeinflussen. Von der Herzrate über den Blutdruck bis hin zu den Hirnströmen. Dabei ist zu sagen, dass Biofeedback eine alternative Therapiemethode ist und stets ergänzend zu einer medizinischen oder therapeutischen Behandlung angewandt werden sollte und nicht ersatzweise. 


Messung und Therapie: So läuft eine Biofeedback-Sitzung ab

Beim Biofeedback sind die Körperwahrnehmung und die aktive Mitarbeit der Patientinnen und Patienten essenziell wichtig. Es zählt aufgrund dessen auch zu den Verhaltenstherapien. Die nicht-invasive und ungefährliche Therapie wird mittels unterschiedlicher Methoden durchgeführt. Zu Beginn werden meistens Sensoren am Körper angebracht, die Körperfunktionen wie den Pulsschlag oder mittels Elektromyografie die Muskelspannung messen. Die Sensoren korrespondieren über Kabel mit einem Computer. Über diesen kann die Patientin oder der Patient in Echtzeit die Abläufe im eigenen Körper nachvollziehen. So können natürlich auch Änderungen sofort erkannt werden. Spannt sich ein Muskel an oder ändert sich der Blutfluss, wird es am Bildschirm oder durch ein akustisches Signal angezeigt. 

In weiterer Folge geht es um das Training, um diese Körperfunktionen aktiv und gezielt zu beeinflussen. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten zu ermöglichen, Funktionsstörungen und Symptomen entgegenzuwirken, indem sie lernen, Prozesse, die im Körper passieren, besser zu verstehen und aktiv steuern zu können, was sonst automatisiert abläuft. 


Anwendungsgebiete: Bei welchen Beschwerden hilft Biofeedback?

Die Biofeedback-Therapie kann bei unterschiedlichen körperlichen, psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen eingesetzt werden. Häufige Anwendungsbereiche sind beispielsweise Migräne oder Spannungskopfschmerz, chronische Rückenschmerzen, Muskelverspannungen, Inkontinenz, Verstopfung, Bluthochdruck, Epilepsie oder stressbedingte Beschwerden wie Tinnitus, Reizdarm oder Schlafstörungen. 


Beispiele aus der Praxis: Migräne, Bluthochdruck und Co.

Sehen wir uns einzelne Beispiele konkreter an. Bei den allseits stark verbreiteten Rückenschmerzen wird die oftmals direkt damit verbundene Muskelspannung gemessen und der Patientin oder dem Patienten über ein wahrnehmbares Signal gemeldet. Durch gezielte Entspannungstechniken oder das Vorstellen beruhigender Situationen wird die Anspannung der Muskeln beeinflusst. 

So funktioniert das Biofeedback auch beim Bluthochdruck, der in Deutschland und Österreich zu den häufigsten chronischen Erkrankungen zählt. Der systolische Blutdruck wird als Tonsignal rückgemeldet. Wird der Wert höher, erhöht sich auch der Ton und umgekehrt. Indem die Patientinnen und Patienten systematisch Vorstellungen ausprobieren, die sie beruhigen oder aufregen, können sie – manchmal schon in einer einzigen Sitzung – lernen, ihren Blutdruck um etwa 20 mmHg zu senken. 

Bei Migräne- und Kopfschmerz-Patientinnen und -Patienten wird das elektrische Erregungsniveau des Stirn- bzw. Nackenmuskels über ein optisches oder akustisches Signal rückgemeldet. Ziel ist es auch hier, die Muskelanspannung durch gezielte Entspannung zu reduzieren – vor allem in stressreichen Situationen. Gleichzeitig soll die Patientin oder der Patient ein besseres Gespür für die eigene Muskelspannung entwickeln.

Ein weiteres Verfahren ist das Vasokonstriktionstraining, also das Training der Gefäßverengung, das auf die akute Behandlung von Migräne abzielt. Dabei wird die Weite der Schläfenarterie mithilfe einer Infrarotmessung des Blutvolumenpulses bestimmt. Die Patientin oder der Patient lernt, durch Rückmeldung die Arterie gezielt zu verengen. Dieses Vorgehen wird zunächst in beschwerdefreien Phasen geübt, um es später bei beginnender Migräne anwenden zu können und so die Attacke abzumildern oder zu verhindern.

Besonders bei kindlicher Migräne hat sich auch das Handerwärmungstraining, auch als thermales Biofeedback bezeichnet, als wirksam erwiesen. Dabei lernt das Kind, durch Rückmeldung die Temperatur in den Händen zu erhöhen – was durch eine Umverteilung des Blutes im Körper gelingt. Regelmäßiges Training kann dabei helfen, die Häufigkeit der Migräneanfälle zu senken.


Wirksamkeit: Was Biofeedback leisten kann

Laut der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. lassen sich durch Biofeedbackverfahren Schmerzen um 50 bis 60 Prozent lindern, was oftmals einer medikamentösen Behandlung gleichkommt. Dabei ist aber zu beachten, dass die Behandlung länger dauert – meistens benötigt es 20 bis 40 Sitzungen –, die Wirkung also erst nach einiger Zeit einsetzt und es sich dabei um eine Zusatzleistung handelt, die gänzlich oder zum Teil aus eigener Tasche bezahlt werden muss. Es zeigt sich aber auch, dass das Biofeedback im Vergleich zu medikamentösen Behandlungen oftmals nachhaltiger ist und es kaum Nebenwirkungen gibt. 

Biofeedback kann nicht nur die bestehenden Beschwerden an sich lindern, sondern auch den Therapeutinnen und Therapeuten zuarbeiten und sich generell positiv auf die Psyche der Patientin oder des Patienten auswirken. Es ermöglicht zunächst, durch objektive Messungen aufzuzeigen, dass tatsächlich ein gesundheitliches Problem besteht – etwas, das für Betroffene oft schwer greifbar ist. Außerdem wird deutlich, wie äußere Einflüsse körperliche Prozesse beeinflussen, was das Verständnis für ein ganzheitliches, bio-psycho-soziales Krankheitsmodell fördert.

Im diagnostischen Bereich erlaubt Biofeedback mithilfe von Stresstests die Ermittlung des individuellen Reaktionstyps einer Patientin oder eines Patienten. So kann gezielt herausgefunden werden, welche therapeutische Methode am besten wirkt und den schnellsten Erfolg verspricht.

Gerade bei chronischen Erkrankungen hilft Biofeedback zudem, das Gefühl der Hilflosigkeit zu verringern. Durch die Möglichkeit, aktiv und bewusst Einfluss auf körperliche Vorgänge zu nehmen, gewinnen Patientinnen und Patienten wieder ein Stück Kontrolle über ihre Gesundheit zurück. Die Motivation wird zusätzlich gestärkt, da selbst kleinste Fortschritte durch die Geräte messbar und sichtbar gemacht werden. Diese direkte Rückmeldung ermutigt zur weiteren Mitarbeit an der Therapie.

Schließlich dient Biofeedback auch der Verlaufskontrolle: Sowohl Patientin oder Patient als auch Therapeutin oder Therapeut können überprüfen, ob die gewählte Strategie wirksam ist – und bei Bedarf gezielt Anpassungen vornehmen.


Biofeedback-Ausbildung: Diese Weiterbildungen lohnen sich

Die Biofeedback-Akademie bietet eine 6-tägige Intensivwoche sowie ergänzend eine Abschlussprüfung und Supervisionseinheiten an. Die Intensivwoche besteht aus einer zweitägigen Einführung in die Biofeedback-Therapie, zwei Tagen Stresstherapie und -diagnostik mit Biofeedback sowie Therapie- und Sitzungsgestaltung und abschließend zwei Tagen, die sich dem Biofeedback in der Psychosomatik widmen. Die Kosten liegen bei 329 Euro pro Tag, also bei 1.974 Euro für die gesamte Intensivwoche. Abschlussprüfung und Supervision können ergänzend dazu gewählt werden. 

Weitere Infos zur Biofeedback-Intensivwoche der Biofeedback-Akademie 

Auch die Österreichische Gesellschaft für Biofeedback und Psychophysiologie (ÖBFP) bietet einen Ausbildungslehrgang zur Biofeedback-Therapeutin bzw. zum Biofeedback-Therapeuten an. Die Ausbildung umfasst zwei Grundlagen-Seminare, drei fachspezifische Seminare nach Wahl, Gruppenselbsterfahrung und Supervision. Der Lehrgang wird durch eine schriftliche Prüfung und zwei schriftliche Falldarstellungen abgeschlossen. Die Fachgebiete, die zur Spezialisierung zur Wahl stehen, sind Stress/Burnout, Psychosomatik/Angst, Schmerz, Sucht, Inkontinenz/Beckenbodentraining, Kinder und Jugendliche, Sport, Neurofeedback/HEG und zudem die Spezialseminare Herzratenvariabilität und Flugangst. Die Ausbildungskosten liegen für ÖBFP-Mitglieder bei 2.206 Euro zzgl. 900 Euro für Selbsterfahrung und Supervision und bei 2.394 Euro zzgl. 900 Euro für Nicht-Mitglieder. 

Details zur zertifizierten Ausbildung bei der ÖBFP 

Die Deutsche Gesellschaft für Biofeedback e. V. bietet regelmäßig Seminare zu unterschiedlichen Themen rund um die Biofeedback-Therapie an. Neben Grundkursen und Supervisionen gibt es auch fachspezifische Vorträge wie z. B. zu Biofeedback bei chronischem Schmerz oder bei Kopfschmerz und Migräne. 

Weiterbildungsmöglichkeiten der Deutschen Gesellschaft für Biofeedback 

Einen vertiefenden Einblick in die Biofeedback-Therapie, den historischen Hintergrund, den Therapie-Aufbau und vieles mehr bietet auch das zu diesem Thema zusammengestellte Fortbildungs-Journal von Thieme Connect. 

Vertiefende Literatur zur Biofeedback-Therapie

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