Der hashtagPRAXIS Podcast: Selbstständigkeit im Rückblick – was TherapeutInnen heute anders machen würden

Wir haben Therapeutinnen und Therapeuten in unserem hashtagPRAXIS Podcast gefragt, welche Schritte sie beim Einstieg in die Selbstständigkeit heute anders gehen würden. Wir haben die gesammelten Antworten für dich. 

In unserem hashtagPRAXIS Podcast – hosted by appointmed – laden wir regelmäßig Therapeutinnen und Therapeuten aus unterschiedlichen Fachrichtungen zum Talk ein und sprechen mit ihnen über ihren Weg in die Selbstständigkeit sowie hilfreiche Themen für deinen Praxisalltag. Hören kannst du unseren Podcast auf: 

Wer sich selbstständig macht, ist mit einer Vielzahl an neuen, unvertrauten Angelegenheiten konfrontiert. Finanzen müssen geplant, Businesspläne erstellt, Mitarbeiter angestellt und wichtige Entscheidungen getroffen werden. Rückblickend lässt sich diese nervenaufreibende Zeit oftmals etwas analytischer und gelassener betrachten und man kann angehenden selbstständigen Therapeutinnen und Therapeuten mitunter wertvolle Tipps geben. Wir haben einige der Antworten auf die Frage „Gibt es etwas, was du heute beim Start in die Selbstständigkeit anders machen würdest?“ für dich zusammengebracht. Lass dich inspirieren!


JÜRGEN MAUREDER | Physiotherapeut

„Das ist eine sehr gute Frage. Der Start meiner Selbstständigkeit ist bei mir jetzt doch schon einige Jahre her. Man hat am Anfang immer diesen Stress, einen Respekt vor der Situation, dass man nicht genug PatientInnen bekommt. Ich sage, im Nachhinein war dieser Respekt nicht notwendig. Wenn man aktiv dranbleibt, hat man immer PatientInnen. Ich habe gelernt, dass man sich nicht so viele Sorgen machen muss in der Selbstständigkeit. Es gibt immer Wege, wieder zu Arbeit zu kommen. Was ich im letzten Jahr gelernt habe, ist, dass man sich bei der vielen Arbeit auch Urlaub verdient hat. Den werde ich in Zukunft öfter nehmen, als ich das aktuell mache. Wir arbeiten alle genug und man muss sich keine Sorgen machen, wenn man den einen oder anderen Urlaub macht. Es wird trotzdem funktionieren.” 


ENTONI KUPE | Personal Trainer und Physiotherapeut

„Rückblickend hätte ich meinen ersten Bitcoin nicht so früh verkauft – halb im Spaß, aber auch ernst gemeint, weil finanzielle Themen extrem wichtig sind. In Österreich reden wir generell wenig über Geld, und ich hätte mich früher intensiver mit meinen Finanzen beschäftigen sollen. Ein Aktiensparplan oder eine ähnliche Strategie hätten mir erlaubt, mich stärker auf das Wesentliche im Beruf zu konzentrieren, ohne von diesem inneren Druck getrieben zu sein, möglichst schnell immer mehr zu verdienen. Am Anfang hatte ich oft das Gefühl, dass das Leben bei 2.000 Euro okay ist, dann, dass es bei 3.000 Euro okay ist und so weiter. Hätte ich mir früher die Frage gestellt, was ich finanziell wirklich will und wie ich mich langfristig aufstellen möchte, hätte ich mir in der Selbstständigkeit viel Stress ersparen können.

Auch die österreichische Zurückhaltung im Umgang mit Geld hätte ich früher hinterfragen sollen. Wir neigen dazu, Preise herunterzuspielen, während etwa in den USA ein ganz anderer Umgang herrscht. Ein Business-Coaching in den USA für Fitnesstrainer hat mir gezeigt, wie aggressiv und lösungsorientiert dort gedacht wird, besonders in Verkauf und Finanzen. Das wirkt auf uns Europäer oft unangenehm, aber ein Mittelweg aus dieser Direktheit und der Treue zum eigenen Beruf wäre optimal.

Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass man aus Fehlern lernt. Es waren bei mir keine gravierenden dabei, die mich langfristig zurückgeworfen oder mir das Genick gebrochen hätten, sondern eher kleine Dinge, die ich heute kaum noch im Kopf habe, weil sie letztlich irrelevant waren.”


ANDREA KASPER-FÜCHSL | Ernährungsberaterin

„Das ist schwierig zu sagen, denn man macht ja auch in Situationen, die nicht so schön sind, mitunter wertvolle Erfahrungen. Ich würde beispielsweise auch die Anstellung im Krankenhaus nicht missen wollen, denn ich war mir dann ganz sicher, dass ich das nicht will. Oft ist es schwierig, zu sagen, was man will. Da ist es hilfreich, zu erkennen, was man nicht will. Eines fällt mir zu der Frage ein: Mir ist es früher schwer gefallen, mich abzugrenzen und Nein zu sagen. Am Anfang denkt man, man muss jedes Projekt annehmen, sonst entgeht einem etwas. Das würde ich nicht mehr machen, weil es einfach sehr schwierig ist, Projekte, die einem nicht liegen, zu Ende zu bringen oder mit Personen zusammenzuarbeiten, mit denen man nicht gut kann. Nein sagen zu können, bringt einfach ein Stück weit die Lebenserfahrung mit sich.” 


VALERIE FLEISSNER | Logopädin

„Nein, ich glaube nicht. Natürlich gibt es Dinge, bei denen ich mir im Nachhinein denke, dass ich sie leichter oder anders hätte machen können. Aber auch schlechte Erfahrungen prägen und bringen einen weiter. Das sehe ich generell so im Leben. Learning by doing gehört einfach zur Selbstständigkeit dazu, und es wird sicher jedem passieren, dass nicht alles perfekt läuft.”


LAURA SIMON | Physiotherapeutin und Coach

„Das ist wirklich eine schwierige Frage, weil ich glaube, dass ich es genauso gemacht hätte wie damals. Da ich immer alles richtig machen wollte, war die Recherchearbeit für mich wichtig, weil es einfach keine vertrauenswürdige Quelle gab, auf die ich zurückgreifen konnte. Hätte es damals ein Angebot wie das gegeben, was ich heute anbiete, hätte mir das auf jeden Fall sehr geholfen. Aber das gab es eben nicht.

Rückblickend hätte ich meinen Preis zu Beginn anders gestaltet und wäre von Anfang an klarer bei der Terminvergabe gewesen. Ich war am Anfang sehr flexibel, weil ich mich einfach gefreut habe, dass es funktioniert und PatientInnen kommen. Aber daran gewöhnen sich die PatientInnen sehr schnell, was dann zu Herausforderungen führt. Man muss lernen, auch mal Nein zu sagen. Man kann nicht alle retten, und manchmal ist es wichtig, einfach Feierabend zu machen. Das ist wohl die Lektion, die ich jedem mitgeben würde: Am Anfang macht man oft zu viel und vergisst dabei, auf sich selbst zu achten.”


FLORIAN REITER | Physiotherapeut, Lauf- und Mentaltrainer

„Ja und nein. Natürlich gibt es viele Dinge, bei denen ich mir denke: „Hätte ich das damals schon gewusst!“ Aber es ist, wie es ist – und ich kann daraus lernen. Ein großes Learning für mich war, besser auf meine Ressourcen zu achten. Ich habe früher zu viel gearbeitet, zu viele Projekte auf einmal angenommen und mich überfordert. Heute höre ich mehr auf mein Bauchgefühl: Passt das Projekt zu mir? Habe ich genug Zeit dafür? Ist es wirtschaftlich sinnvoll? Das prüfe ich jetzt viel genauer als noch vor fünf Jahren.”