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Physiotherapie bei Osteoporose: Effektive Übungen zur Stärkung von Knochen und Lebensqualität

Wie Physiotherapie bei Osteoporose hilft, die Knochendichte zu verbessern, Schmerzen zu lindern und Stürze zu vermeiden – für mehr Mobilität und Lebensqualität.

Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, die durch eine verminderte Knochendichte und eine gestörte Mikroarchitektur des Knochengewebes gekennzeichnet ist. Dies führt zu einer erhöhten Knochenbrüchigkeit und einem höheren Frakturrisiko. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Frauen nach der Menopause aufgrund des fehlenden Östrogens und Personen mit bestimmten Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, unzureichender Ernährung, Vitamin-D-Mangel, Diabetes mellitus oder genetischer Prädisposition. Physiotherapie spielt eine entscheidende Rolle bei der Behandlung und Begleitung von Osteoporose, da sie sowohl die physische als auch die funktionelle Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern kann. 

Training macht den Unterschied

Dies zeigt auch eine Studie der Abteilung Rheumatologie, Osteologie und Physikalische Medizin der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim, die von Dr. med. Dipl.-Biol. Gabriel Dischereit auf dem Deutschen Rheumatologenkongress 2016 in Frankfurt vorgestellt wurde. In der Studie wurden 42 Patienten mit Osteoporose untersucht, die alle Bisphosphonate sowie Kalzium- und Vitamin-D-Supplemente erhielten. 25 Patienten absolvierten zusätzlich eine spezifische Physiotherapie, während 17 als Kontrollgruppe dienten. Beide Gruppen waren hinsichtlich Alter, Gewicht und Größe vergleichbar.

Das Physiotherapieprogramm bestand aus einer 20-minütigen Aufwärmphase mit Dehnübungen, gefolgt von 15 Minuten moderatem Gehen und gezielten Übungen wie Aufstehen aus dem Sitz, Einbeinstand und Gleichgewichtsübungen auf einem Balanceboard. Die Übungen wurden altersgerecht und an bestehende Einschränkungen angepasst.

Nach einer zweijährigen Nachbeobachtungszeit zeigten sich in der Physiotherapie-Gruppe signifikante Verbesserungen bei drei von sechs körperlichen Funktionsparametern sowie eine bessere Einschätzung der Alltagsaktivitäten (FFbH-Fragebogen) und eine deutliche Schmerzreduktion (VAS). Zudem nahm die Knochendichte im rechten Oberschenkelhals signifikant zu, und biochemische Marker deuteten auf eine verbesserte Knochenneubildung hin.

Im Gegensatz zur Kontrollgruppe, die trotz medikamentöser Therapie keine vergleichbaren Verbesserungen zeigte, unterstreicht die Studie die Bedeutung von mechanischen Reizen für die Knochenstärkung. Besonders bemerkenswert ist, dass bereits ein wöchentliches, relativ kurzes Training solche positiven Effekte erzielt.

Die Autoren betonen, dass dieses kostengünstige und leicht umsetzbare Therapieprogramm ein großes Potenzial hat, die Krankheitslast von Osteoporose langfristig zu reduzieren.

Ziele der Physiotherapie bei Osteoporose

Erhalt und Verbesserung der Knochendichte
Durch gezielte Belastungsreize kann der Knochenstoffwechsel stimuliert werden.

Sturzprävention
Übungen zur Verbesserung von Balance, Koordination und Muskelkraft senken das Risiko für Stürze und damit verbundene Frakturen.

Schmerzlinderung
Spezifische physiotherapeutische Maßnahmen helfen, Schmerzen bei fortgeschrittener Osteoporose zu reduzieren, die oft mit Wirbelkörperfrakturen oder Fehlhaltungen einhergehen.

Haltungsverbesserung
Eine aufrechte Haltung verringert die Belastung auf die Wirbelsäule und schützt vor weiteren Verformungen.

Förderung der Mobilität und Selbstständigkeit
Beweglichkeit und Alltagskompetenz bleiben durch regelmäßige Übungseinheiten erhalten oder werden verbessert.

Physiotherapeutische Ansätze

Gezielte Kräftigungsübungen

In der Physiotherapie wird ein individuell angepasstes Krafttraining zusammengestellt, das besonders auf die großen Muskelgruppen abzielt. Dabei werden bevorzugt Übungen eingesetzt, die über mechanische Belastung den Knochenstoffwechsel anregen. Beispiele sind:

  • Training mit Eigengewicht: Kniebeugen, Treppensteigen oder Liegestütze.
  • Training mit Hilfsmitteln: Widerstandsbänder, Hanteln oder spezielle Geräte.

Besonders effektiv ist ein progressives Training, bei dem die Belastung schrittweise gesteigert wird, um die Anpassungsfähigkeit der Knochen zu fördern.

Balance- und Koordinationstraining

Da Stürze die Hauptursache für Frakturen bei Osteoporose sind, liegt ein besonderer Fokus auf der Schulung von Gleichgewicht und Koordination. Übungen wie Einbeinstand, Gehübungen auf instabilen Unterlagen oder spezifische Yoga- und Pilates-Elemente fördern die Stabilität.

Wirbelsäulenstabilisierung und Haltungsschulung

Verkrümmungen der Wirbelsäule, wie Hyperkyphose, sind häufige Begleiterscheinungen der Osteoporose. Durch Haltungsschulung und Stabilisationsübungen werden die Rückenmuskulatur gestärkt und Fehlhaltungen korrigiert. Physiotherapeutische Techniken wie:

  • Rückenschule
  • Bridging-Übungen, wie Beckenheben
  • Dehnübungen für verkürzte Muskulatur können helfen, die Wirbelsäule in einer optimalen Position zu stabilisieren.

Bewegungstherapie im Wasser

Aquatherapie ist besonders geeignet für Osteoporose-Patienten, da das Wasser die Gelenke entlastet und dennoch Widerstand bietet, um Muskulatur und Knochendichte zu stärken. Schwimmen oder spezielle Wasserübungen können schonend zur Verbesserung der Mobilität beitragen und in die Physiotherapie-Behandlung integriert werden.

Sturzprophylaxe im Alltag

Um Stürzen vorzubeugen, empfiehlt es sich auch, mit Patientinnen und Patienten zusammen ihren Alltag sicherer zu gestalten. Dazu gehören:

  • Tipps zur Vermeidung von Stolperfallen im Haushalt.
  • Training von sicheren Bewegungsabläufen, z. B. beim Aufstehen oder Hinsetzen.
  • Erlernen von Ausweichstrategien bei Stolpergefahr.

Ergänzende Techniken und Maßnahmen

Manuelle Therapie

Manuelle Therapie kann helfen, muskuläre Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern. Dies trägt zur allgemeinen Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung bei.

Elektrotherapie und Wärmeanwendungen

Physikalische Maßnahmen wie Elektrotherapie, wie das TENS-Verfahren oder der Einsatz von Wärme, um Schmerzen zu lindern und die Durchblutung zu fördern, können zu einer Linderung von Osteoporose-Symptomen beitragen.

Atemtherapie

Bei schwerer Osteoporose, insbesondere bei Wirbelkörperkompressionen, kann die Lungenfunktion eingeschränkt sein. Atemübungen fördern die Sauerstoffaufnahme, unterstützen die Haltung und stärken die Atemmuskulatur.

Vorteile von Bewegung für die Knochengesundheit

Regelmäßige Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil der Osteoporosebehandlung. Sie steigert die mechanische Belastung der Knochen, die wiederum die Osteoblasten, also die knochenaufbauenden Zellen, stimuliert. Bewegung fördert außerdem:

  • Durchblutung: Dies verbessert die Versorgung der Knochen mit Nährstoffen.
  • Muskelkraft: Starke Muskeln entlasten die Knochen und schützen vor Verletzungen.
  • Psyche: Körperliche Aktivität steigert das Wohlbefinden und kann Depressionen vorbeugen, die bei chronischen Erkrankungen wie Osteoporose häufig auftreten.

Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Physiotherapie ist oft Teil eines interdisziplinären Behandlungsplans, der auch Ernährungsberatung, medikamentöse Therapie und gegebenenfalls orthopädische Maßnahmen umfasst. Besonders wichtig ist die Kombination von Bewegung mit einer ausreichenden Versorgung mit Calcium und Vitamin D, um die Knochengesundheit optimal zu unterstützen.

Physiotherapie ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Osteoporose-Therapie. Sie bietet nicht nur eine effektive Möglichkeit, die Knochendichte zu erhalten und das Frakturrisiko zu senken, sondern verbessert auch die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig. Durch individuell angepasste Übungen und eine enge Betreuung durch qualifizierte Therapeutinnen und Therapeuten können Patientinnen und Patienten ihre Mobilität und Selbstständigkeit langfristig sichern. 

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